„Heute bin ich…“ – Die Entwicklung der Emotionalen Kompetenz

Die Entwicklung der emotionalen Kompetenz ist eine der zentralen Entwicklungs-aufgaben von Kindern im Alter von 0 – 6 Jahren. Die Kinder lernen in diesen Lebensabschnitt ihre eigene Gefühle auszudrücken und zu verstehen, sie anderen zu erklären, negative Gefühle zu bewältigen, Empathie und Einfühlungsvermögen zu entwickeln und die Gefühle anderer richtig zu deuten. All dies muss ein Kind erst lernen, um kompetent mit den eigenen und den fremden Gefühlen umgehen zu können. Ein Mensch der über emotionale Kompetenzen verfügt, hat in der Regel ein gesundes Selbstbewusstsein, kann mit Frust und Niederlagen umgehen und besitzt die Fähigkeit Beziehungen und Bindungen einzugehen.

Die 5 Stufen der Entwicklung

Die emotionale Kompetenz entwickelt sich in 5 Stufen:

  1. Stufe: Der Emotionsausdruck beinhaltet die Fähigkeit des Kindes, die eigenen Gefühle verbal und non-verbal zu zeigen.
  2. Stufe: Das Emotionswissen/ -verständnis umfasst die Fähigkeit, die eigenen Gefühle und die der anderen wahrnehmen und interpretieren zu können.
  3. Stufe: Die Emotionsregulation ist die Fähigkeit, mit den eigenen Gefühlen situationsangemessen und konstruktiv umzugehen.
  4. Stufe: Die Empathie meint die Fähigkeit, sich in die Gefühle des Gegenübers hineinversetzen und darauf angemessen reagieren zu können.
  5. Stufe: Die emotionale Kompetenz fasst alle benötigten Fähigkeiten zusammen, um mit den eigenen Gefühlen und denen der anderen angemessen umgehen zu können.
Fördermöglichkeiten

In der täglichen Praxis mit den Kindern spielt Ihr als pädagogische Fachkräfte eine wichtige Rolle, damit Kinder ihre emotionalen Kompetenzen entwickeln und entfalten können. Dazu bieten sich Euch viele Möglichkeiten:

  • lasst die Kinder im Alltag an Euren positiven und negativen Gefühlen teilhaben, dadurch können sie an Eurem Vorbild und Modell lernen
  • sprecht mit den Kindern über die verschiedensten Gefühle
  • nehmt die Gefühle der Kinder immer ernst
  • gebt den Kindern Raum, Angst, Wut und Trauer genauso auszuleben wie Freude
  • vermeidet Gefühle herunterzuspielen oder zu verharmlosen
  • setzt ein Kind nicht unter Druck, wenn es mit seinen eigenen Gefühlen überfordert ist
  • unterstützt die Kinder, Strategien zu entwickeln, um mit verschiedenen Gefühlen umgehen zu können
  • gebt Anregungen zur Gefühlswahrnehmung mit Hilfe von Büchern, Spielen zur Körper- und Sinneswahrnehmung, Spiegeln, Bildkarten, Piktogrammen etc.
  • ermöglicht den Kindern das freie Spiel mit Gleichaltrigen, damit sie sich aktiv mit der Befindlichkeit ihrer Spielpartner auseinandersetzen können und sie so lernen, sich in andere hineinzuversetzen.
Befindlichkeit der Kinder wahrnehmen und beachten

Aufgrund der Situation in den letzten Wochen und Monaten sind viele Kinder einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt: Freude, Angst, Wut und Trauer sind tägliche Begleiter. Zuhause bleiben zu müssen und nicht in die Kita zu dürfen, wird von den Kindern ganz unterschiedlich erlebt und wahrgenommen. Abhängig von der jeweiligen Lebens- und Arbeitssituation reagieren die Erwachsenen um sie herum ganz unterschiedlich. Für Euch wird es daher in den nächsten Wochen wichtig, genau hinzuschauen, wie es den Kindern geht. Auch wenn die Kinder zunächst freudig wiederkommen und fröhlich mit den anderen Kindern spielen, lasst Euch nicht täuschen, das ein oder andere Kind wird erst später über die Angst, die Wut oder über die Trauer reden können. Also bleibt am Ball. Neben den Fragen: „Was habt Ihr in den letzten Wochen gemacht?“ , „Was habt Ihr am meisten vermisst?“ und „Worauf freut Ihr Euch am meisten?“, solltet Ihr folgende Fragen stellen:

  • „Wie habt Ihr Euch in den letzten Wochen gefühlt?“
  • „Was hat Euch Angst gemacht?“
  • „Wart Ihr manchmal auch traurig oder wütend“
  • „Worüber habt Ihr Euch am meisten gefreut?“

Haltet in diesem Moment einmal kurz inne, horcht in Euch hinein und stellt Euch selbst diese Fragen: „Wie habt Ihr Euch in den letzten Wochen gefühlt?“, „Wie fühlt Ihr Euch gerade in diesem Moment?“, „Auf welche Strategien und Ressourcen konntet bzw. könnt Ihr in diesen herausfordernden Zeiten zurückgreifen?“, „Wo könnt Ihr Euch Unterstützung holen, wenn Ihr diese braucht?“

Ein Unterstützungsangebot biete ich Euch wieder am kommenden Mittwoch. Ich würde mich freuen, Euch wieder beim Zoom-Erfahrungsaustausch für Pädagogische Fachkräfte begrüßen zu können. (Nähere Infos s. unten)

Bis dahin alles Gute

Eure Anja

Erfahrungsaustausch für Fachkräfte über Zoom

Am Mittwoch, den 20.05.2020, von 14.30 – 16.30 Uhr treffen wir uns zu einem live Zoom Meeting zum Thema: (Wieder-)Ankommen in der Gruppe unter veränderten Rahmenbedingungen, Reaktionen der Kinder, Corona thematisieren – ja oder nein?

Anmeldung bis zum 20.05.2020 um 12.00 Uhr

per Email: anjacantzler@t-online.de

oder über das Kontaktformular mit dem Stichwort „Erfahrungsaustausch Fachkräfte“

Nach der Anmeldung schicke ich Euch die Zugangsdaten, damit Ihr Euch in das Meeting einloggen könnt.

Weitere Angebote unter:

und

Entwicklung und Lernen durch Phantasie

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts waren Psychologen und Wissenschaftler der Überzeugung, dass Phantasie einzig und allein der Unterhaltung eines Kindes diene ohne tieferen Sinn für dessen Entwicklung.

Persönlichkeitsentwicklung

Diese Meinung hat sich glücklicherweise grundlegend geändert. Mittlerweile werden Phantasie und das fiktive Spiel eines Kindes als wichtig und wertvoll für die Persönlichkeitsentwicklung gesehen. Das Kind kann seine Erlebnisse nachspielen und verarbeiten. So entwickelt es neue Handlungsmöglichkeiten und Lösungen. In seiner Phantasie schlüpft es in verschiedene Rollen und probiert sich mit unterschiedlichsten Charaktereigenschaften und Fähigkeiten aus. Auf diesem Weg erprobt es, wer es ist und entdeckt sich als Person.

* Mitteilung eigener Bedürfnisse

Durch das erschaffen fiktiver Freunde und Begleiter oder das Erzählen phantasievoller Geschichten lernt das Kind seine Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen und auszudrücken.

* Entwicklung von Empathie

Ein Kind, dass sich mit Phantasiefiguren und deren besonderen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften beschäftigt hat, kann sich sehr gut in andere Menschen hineinversetzen. Es fällt ihnen oftmals recht leicht die Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle anderer zu verstehen.

* Schärfung der Realität

Durch die Gehirnforschung wissen wir, dass das menschliche Gehirn viel aufmerksamer ist, wenn es mit unerwarteten Dingen und Situationen konfrontiert wird. Phantasiegeschichte bieten dem Kind genau solch Unerwartetes. Dadurch wird es dazu angeregt, über das Ungewöhnliche nachzudenken, darüber ins Gespräch zu kommen, das Ganze in Frage zu stellen und den Blick für die Realtität zu schärfen. Auf diese Weise wird das Kind motiviert, sich eine eigene Meinung zu bilden.

* Kraftquelle in der Krise

In schwierigen und krisenhaften Zeiten kann Phantasie eine wundervolle Ressource und Kraftquelle sein, um den Blick auf die schönen und belebenden Momente des Lebens zu lenken. Dies unterstützt die Entwicklung von Resilienz.

Förderung der Sprachentwicklung

Desweiteren hat die Beschäftigung mit Phantasiegeschichten und Phantasiegestalten eine großen Einfluss auf die Sprachentwicklung. Dies habe diverse Studien ergeben. Das Kind entwickelt einen großen Wortschatz verknüpft mit der Fähigkeit, diese Worte in ihrer Bedeutung verständlich und nachvollziehbar erklären zu können. Das Erzählen von Phantasiegeschichten lädt ein, sich Situationen und Handlungen auszudenken und dafür die passenden Worte zu finden. Das regt die Sprach- und Fabulierfreude an und macht einfach Spaß. Und mit Spaß und Freude lernt es sich bekannterweise viel leichter.

Möglichkeiten schaffen und nutzen

Was könnt Ihr demzufolge als pädagische Fachkräfte zur Phantasieförderung der Kinder beitragen? – Phantasie braucht Raum und Zeit, um sich entfalten zu können. Lest mit den Kindern Phantasiegeschichten und hinterfragt gemeinsam, was davon in ihrer Welt möglich ist. Lasst sie phantasievolle Geschichten erzählen und nachspielen. Erfreut Euch an den imaginären Freunden und Begleitern der Kinder. Legt Euch mit den Kindern auf die Wiese und entdeckt Gesichter, Tiere und Phantasiewesen in den Wolken. Geht im Wald auf Entdeckungstour und sucht Feen, Elfen und Zwerge. Lasst der Phantasie freien Lauf! Sie öffnet ein Tor zur Entschleunigung im oftmals hektischen Alltag. Wenn es nach Aufhebung des Kontaktverbots in Eurem pädagogischen Alltag wieder einmal hektisch wird, erinnert Euch an die Kraft der Phantasie. Schaltet bewusst einen Gang zurück und eröffnet den Kindern Freiräume für fiktives Spiel und phantasievolles Erzählen.

Ihr könnt Euch sicher sein, dass Bildung auf diese Weise ganz nebenbei stattfindet.

Jetzt wünsche ich Euch erst einmal Frohe Ostern, hoffentlich kommt der Osterhase auch zu Euch. 😉

Bis nächste Woche Dienstag.

Eure Anja

 

P.S. Wenn Ihr das Foto zu diesem Beitrag anschaut, was könnt Ihr darin entdecken? Welche Geschichte fällt Euch dazu ein? Ich bin gespannt auf Eure Rückmeldungen.

Balance zwischen Empathie und Selbstfürsorge

Diese Woche handelten meine Blogbeiträge immer wieder von Empathie und von Eurer Fürsorgepflicht für die Eltern und Familien, mit denen Ihr zusammen arbeitet. Es ging viel darum, sich in die Eltern einzufühlen, deren Blickwinkel einzunehmen und durch einen Perspektivwechsel die Eltern besser verstehen zu lernen. Heute soll es einfach mal um Euch gehen.

In diesem Zusammenhang fällt mir wieder einmal eine Pflegedienstleitung aus der Altenpflege ein, die regelmäßig nach Dienstschluss zu mir ins Lehrcoaching kam. Es handelte sich um eine sehr gepflegte Frau, die offensichtlich viel Wert auf ihr Äußeres legte. In einer Sitzung kamen wir darauf zu sprechen, dass ich es sehr bemerkenswert fände, wie es ihr jedesmal gelänge, unmittelbar im Anschluss an den Dienst unverschwitzt und gut gekleidet in der Beratung zu erscheinen. Sie erklärte mir, dass ihr das wichtig sei und sich dafür bewusst die Zeit nehme, weil ihre Philosophie laute: „Nur wer sich selbst gut pflegt, kann auch andere gut pflegen“. Ich habe seither diesen Satz übernommen und ihn wie folgt verändert: „Nur wer gut für sich selbst sorgt, kann gut für andere sorgen.“

Denkt bei aller Empathie deswegen auch an Euch selbst. Tut Euch etwas Gutes. Macht etwas, dass Euch Spaß macht. Lest ein gutes Buch, nehmt ein schönes Entspannungbad, esst ein Stück Schokolade, telefoniert mit lieben Menschen, geht Spazieren, hört Musik, macht Euch einen gemütlichen Abend mit Eurem Lieblingsfilm, treibt Sport…

Hier findet Ihr im Download eine Selbstfürsorge-Karte, die Euch daran erinnern soll, gut für Euch zu sorgen. Hängt sie irgendwo sichtbar für Euch auf. Vielleicht kennt Ihr ja auch noch eine nette Kollegin oder einen netten Kollegen, der*dem Ihr dieses Kärtchen weiterleiten wollt.

 

Jetzt wünsche ich Euch erst einmal ein schönes Wochenende. Passt gut auf Euch auf und sorgt gut für Euch. Ich freue mich auf nächste Woche und hoffe, dass viele von Euch meinen Blog wieder besuchen.

Eure Anja

 

P.S. Ich würde mich über ein erstes Feedback zu dieser Woche freuen. Ich bin gespannt auf Eure Kommentare. Gibt es bestimmte Themen, die Euch interessieren und über die ich für Euch schreiben kann?