Die Zeitkapsel – Botschaft an die Zukunft

Wir erleben gerade eine historische Zeit, an die wir und die Kinder uns in besonderer Form erinnern werden. Einige ältere Kinder erleben diese Zeit sehr bewusst. Andere, meist jüngere Kinder, können das Erlebte aufgrund ihrer Entwicklung noch nicht versprachlichen. Sie speichern daher die Ereignisse in ihrem Körper- und Gefühlsgedächtnis. Um mit Kindern das aktuell Erlebte zu bearbeiten, möchte ich heute ergänzend zu dem im letzten Beitrag benannten Portfolio die Zeitkapsel als weitere Methode vorstellen. Durch das gemeinsame Gestalten einer Zeitkapsel mit den Kindern erfahrt Ihr, wie Eure Kinder aktuell die Situation wahrnehmen, was ihnen wichtig ist und welche Themen sie gerade beschäftigen. Das gemeinsame Tun bietet einen Gesprächsanlass über die Gefühlswelt der Kinder. Sie merken, dass sie nicht alleine mit ihrem Erleben und ihren Gefühlen sind. Das eröffnet Raum zum gemeinsamen traurig, ängstlich und wütend Sein und es tut auch gut, immer wieder gemeinsam zu lachen. Das alles zusammen kann für viele Kinder eine befreiende und angstlösende Wirkung haben.

Was ist eine Zeitkapsel?

Eine Zeitkapsel ist ein Behälter gefüllt mit verschiedenen zeittypischen Dinge. Dieses Behältnis wird verschlossen und für einen vereinbarten Zeitraum aufbewahrt. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder sie wieder geöffnet. Manchmal wird eine Zeitkapsel auch für spätere Generationen vergraben, um den Findern in der Zukunft über das gegenwärtige Leben zu berichten.

Wann wird eine Zeitkapsel erstellt und gestaltet?

Zeitkapseln werden zu unterschiedlichsten Anlässen zusammengestellt.:

  • bei persönlichen Anlässen
    • Geburt
    • Hochzeit
    • Schuleintritt
    • kurz vor dem nahenden Tod
  • bei historischen Anlässen
    • Naturkatastrophen
    • Jahrtausendwechsel
    • Pandemien
Ab welcher Altersstufen ist diese Methode einsetzbar?

Da die Kinder von ihrer kognitiven Entwicklung ausgehend, eine Vorstellung von Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit haben sollten, eignet sich die Methode für Kinder im Alter ab ca. 4 Jahren.

Welche Behälter sind geeignet?

Das ist davon abhängig, wo und wie lange die Zeitkapsel gelagert werden soll. In der Regel reicht ein Karton oder eine Metalldose, die für die vereinbarte Zeit in einem Regal oder an einem trockenen Ort gelagert wird. Soll die Zeitkapsel irgendwo vergraben werden, ist es wichtig, dass das Behältnis möglichst wasserdicht und rostfrei ist.

Was gehört in eine Zeitkapsel?

Alles, was den Kindern für diese Zeit wichtig und typisch ist: selbstgemalte Bilder, Fotos, Briefe, Smileys, Gefühlskarten, Gegenstände wie Mundschutz, Abspeerband, Toilettenpapier, Nudeln etc. Euren Kindern wird bestimmt ganz viel dazu einfallen.

Wann sollte eine Zeitkapsel wieder geöffnet werden?

Den Zeitpunkt, wann die Zeitkapsel wieder geöffnet werden soll, solltet Ihr gemeinsam mit den Kindern festlegen. Das kann einen Zeitraum von 3 Monaten über 1 Jahr bis hin zu mehreren Jahren umfassen.

Welche Variationsmöglichkeiten gibt es?

Ihr könnt, z.B.

  • mit allen angehenden Schulkindern gemeinsam eine Zeitkapsel verpacken und Euch im kommenden Jahr dazu verabreden, sie gemeinsam wieder zu öffnen.
  • mit jedem einzelnen Kind eine persönliche Zeitkapsel zusammenstellen, die bei Euch gelagert wird und die dem Kind in 3 Monaten oder einem Jahr zugestellt wird.
  • mit den älteren Kindern eine Zeitkapsel für die jüngeren Kinder packen, die Jüngeren dann öffnen können, wenn sie selbst zur Schule kommen.

Ich bin überzeugt davon, dass Ihr gemeinsam mit den Kindern viele kreative Ideen entwickeln werdet. Damit ich ein bisschen daran teilhaben kann, bitte ich Euch, mir Fotos von euren Zeitkapseln zu schicken. Schreibt mir begleitend ein paar Zeilen zu Eurer Gruppe, Eurer aktuellen Situation und Eurem Zeitkapselprojekt. Alle Fotos*, die bis zum 30.06.2020 über anjacantzler@t-online.de bei mir eingehen, werde ich im Juli hier in meinem Blog veröffentlichen.

Ich freue mich auf Eure Fotos und Geschichten

Eure Anja

*Bitte achtet aus Datenschutzgründen darauf, dass keine Kinder auf den Fotos abgebildet sind.

Was hat das Portfolio mit Biografiearbeit zu tun?

Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit den Chancen und Grenzen von Biografiearbeit in den Arbeitsfeldern Kindertagesstätte und Kindertagespflege. In diesem Arbeitskontext treffen die Biografien von Kindern, Eltern und pädagogischen Fachkräften zusammen. In diesem Entwicklungsabschnitt prägen die Erwachsenen und die verschiedenen Ereignisse maßgeblich die Biografien der Kinder. Meine zentrale Erkenntnis bei der Auseinandersetzung mit Biografiearbeit im pädagogischen Kontext ist, dass Ihr im Rahmen der Bildungs- und Entwicklungsdokumentation Biografiearbeit betreibt, ohne dass es Euch bewusst ist.

Eine Biografie beschreibt die Lebensgeschichte eines Menschen. In Unterscheidung zum Lebenslauf geschieht dies weniger chronologisch und selten vollständig. Bedeutsame und prägende Stationen und Erlebnisse werden herausgegriffen und fokussiert. Die sog. Persönlichkeitsbiografie setzt sich aus verschiedenen Teilaspekten zusammen, z.B.: kulturelle, soziale, wert- und normgeprägte, geschlechtsspezifische, gesellschaftliche und nationale Aspekte. Jeder Aspekt für sich ist bedeutsam für die individuelle Entwicklung eines Menschen.

Die Portfolioarbeit greift viele dieser Aspekte auf und dokumentiert so den Bildungs- und Entwicklungsweg des einzelnen Kindes. Mit Hilfe des Portfolios ermöglicht Ihr dem Kind, sich zu einem späteren Zeitpunkt an verschiedene Erlebnisse und Ereignisse zu erinnern und einzuordnen.

Die Geschehnisse in den letzten Wochen nehmen gerade weitreichenden Einfluss auf unser Leben. Das damit verbundene Erleben gehört von jetzt an zu unserer Biografie und zu der der Kinder und Familien.

Die Kinder erleben diese Zeit genauso intensiv wie wir Erwachsenen – auch wenn ihr Umgang damit aufgrund ihres Entwicklungsstandes und Alters sich unterscheidet. Für ihre weitere Entwicklung ist es daher wichtig und wertvoll, die zurückliegenden Wochen im Rahmen der Portfolioarbeit aufzugreifen, aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Dies unterstützt die spätere Erinnerung an das Geschehene.

Bei meinen Recherchen im Internet habe ich verschiedene Vorlagen für spezifische Portfolioseiten entdeckt, die im Kern folgende Aspekte mit Blick auf die Zeit im Lockdown abfragen und dokumentieren:

  • So geht es mir
  • So fühle ich mich
  • Das habe ich zu Hause gemacht
  • Das war das Schönste in der Zeit, in der ich zu Hause war
  • Das habe ich am meisten vermisst
  • Das hat mich am meisten genervt
  • Darauf freue ich mich jetzt am meisten
  • Das waren meine Lieblingsbeschäftigungen, damit ich mich nicht langweile

Älteren Kindern könnt Ihr noch folgende Frage stellen:

  • Woran möchte ich mich später erinnern, wenn ich groß bin?

Zu der Portfolio-Arbeit gehört auch das Einbeziehen der Eltern mit ihrer Sichtweise auf die Entwicklung der Kinder. Durch den Lockdown sind die Eltern viele Wochen intensiv mit ihren Kindern zusammen gewesen. Daher bietet es sich an, eine Seite im Portfolio den Eltern zu widmen, auf der sie das Erleben des Kindes beschreiben und dokumentieren. Das kann in Form eines kurzen Interviews stattfinden, dass Ihr mit den Eltern führt.

Im Anhang findet Ihr eine Vorlage für ein „Corona-Potfolio“, dass mir freundlicher Weise Veronika Schütz zur Veröffentlichung frei gegeben hat. Vielen Dank hierfür. Dieses Portfolio zeichnet sich dadurch aus, dass auch die Eltern dazu befragt werden, wie sie selbst diese Zeit erlebt haben. Dadurch werden die Gefühle und Sichtweisen der Eltern auf ganz besondere Weise berücksichtigt und in das Portfolio miteinbezogen.

Am kommenden Donnerstag stelle ich Euch dann eine Methode für die Erinnerungsarbeit mit den angehenden Schulkindern vor.

Bis dahin, passt weiterhin gut auf euch auf.

Eure Anja

Das Corona-Portfolio

von Veronika Schütz

Biografiearbeit:

https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=641:spurensuche-wie-biographiearbeit-paedagogisches-handeln-aendert
A. Cantzler: Spurensuche: Wie Biographiearbeit pädagogisches Handeln ändert

Die Gefühlsuhr – Eine Methode zur Förderung der Emotionalen Kompetenz

Zur Förderung der emotionalen Kompetenz gehört es, dass Kinder möglichst spielerisch verschiedene Gefühle kennenlernen und diese zum Ausdruck bringen können. Die folgende Methode von Mareike Paic (Sternstunden-Seminare) unterstützt diesen Lernprozess und schult parallel die Wahrnehmung der Kinder, die verschiedenen Gefühle beim Gegenüber richtig zu interpretieren. Ich wünsche Euch heute viel Spaß mit dem Gastbeitrag von Mareike. Ich hoffe, ihr findet hier ganz viel Inspiration für Eure Arbeit mit den Kindern.

Eure Anja

Mareike Paic – Sternstunden-Seminare:

Die Gefühlsuhren

Habt Ihr auch früher stundenlang vor dem Spiegel gesessen und Grimassen gezogen? Ich selbst konnte als Kind nicht genug davon bekommen. Auch die Kinder, mit denen ich arbeite, verbringen so Ihre Zeit mit viel Spaß und Ausdauer vor dem Spiegel. Daraus entstand vor einiger Zeit meine Idee für die „Smiley-Schmuckdose“.

Die Vorbereitungen

Als erstes solltet Ihr 12 Smileys ausdrucken, auf Karton aufkleben, laminieren und ausschneiden. Zur Aufbewahrung eignet sich ein Schmuckkästchen, ein hübscher Karton oder ähnliches…egal welche Schachtel Ihr findet, ein Spiegel gehört UNBEDINGT dazu, damit sich das Kind selbst sehen und beobachten kann. Natürlich könnt Ihr auch prima einen aufstellbaren Schminkspiegel nutzen.

Die Spielanregung

Ladet das Kind ein, sich einen Smiley auszusuchen und das dargestellte Gefühl mimisch nachzumachen. Lasst das Kind erst einmal experimentieren. Im besten Fall versinkt es in seinem Tun und fühlt dabei spielerisch in sich hinein.

Im weiteren Prozess kann dieser spielerische Zugang ein Türöffner werden, um mit dem Kind über die verschiedenen Gefühle ins Gespräch zu kommen:

  • Wie siehst du aus?
  • Wie fühlt sich das an…im Gesicht, im Bauch …?
  • Warst du auch schon einmal so richtig wütend/traurig/lustig?
  • Wie guckst du, wenn du …bist?
Allein und mit der Gruppe

Die Smiley Schmuckdose lässt sich sehr gut für ein Kind oder in einer 1:1 Interaktion von Pädagogischer Fachkraft und Kind einsetzen. Ergänzend hierzu könnt Ihr die Methode in etwas abgewandelter Form auch im Morgenkreis integrieren. Dann sucht sich ein Kind sich ein Smiley aus der Schmuckdose aus und macht den entsprechenden Gefühlsausdruck mimisch. Die anderen werden dann eingeladen:

  • den Gesichtsausdruck nachzumachen.
  • zu beschreiben, was sie sehen
  • das Gefühl, was in Ihnen hochkommt, zu benennen
  • uvm.
Die Weiterentwicklung einer Spielidee

Um mit mehreren Kindern noch intensiver in das jeweilige Gefühl einzutauchen, die verschiedenen Gefühle zu verdeutlichen und Worte dafür zu finden, habe ich schließlich die Gefühlsuhren entwickelt.

Hierbei handelt es sich um mehrere runde Scheiben aus dicker Pappe, die am Kreisrand mit den gleichen Smileys wie in der Dose beklebt sind und mit einem drehbarem Zeiger, der in der Mitte durch eine Musterklammer in der fixiert wird, und so wie eine Uhr aussehen. (s. Fotos) Achtung: Der Zeiger darf nicht zu lang sein, sonst verdeckt er die Mimik des Smileys.

Jedes Kind bekommt es eine solche Uhr im Morgen- bzw. Spielkreis. Die Gefühluhren können dann unterschiedlich eingesetzt werden: z.B.

  • als Gefühlsbarometer: auf die Frage hin „Wie fühlst Du Dich heute?“ stellt jedes Kind seine aktuelle Befindlichkeit auf der Uhr ein und so seht Ihr, wie es den einzelnen Kindern gerade geht.
  • als Kombination von Schmuckdose und Gefühlsuhren: Ein Kind bekommt die Schmuckdose und alle anderen jeweils eine Uhr. Das Kind mit der Schmuckdose zieht einen Smiley und versucht, den Ausdruck nachzumachen. Zur Selbstkontrolle sollte unbedingt ein Spiegel zur Verfügung stehen. Mit diesem Gesichtsausdruck schaut das Kind dann in die Runde und alle andern stellen ihren Zeiger auf den Smiley, den sie zu erkennen glauben. Wenn alle fertig sind, werden die auf den Uhren markierten Smileys verglichen. Dann entsteht automatisch ein Austausch und es kann vorkommen, dass ein Kind feststellt: „Dein Gesicht sieht aber anders aus. Deine Augenbrauen sind anders. Deine Mundwinkel sind nicht unten.“ usw.

Daraus entsteht oftmals ein gemeinsames Ausprobieren und Experimentieren. Diese Übung ist dadurch nicht nur ein Türöffner, um mit den Kindern über Gefühle ins Gespräch zu kommen, die Kinder werden auch sensibilisiert, genau hinzuschauen und Körpersignale zu deuten.

Ein Dino zeigt Gefühle

Eine zusätzliche, erweiterte Variante für die Uhren wäre die Verwendung von Figuren, die dazu einladen neben den Gesichtsausdrücken auch die Körperhaltung miteinzubeziehen. Hier greife ich gerne auf die Bilder der Geschichte: „Ein Dino zeigt Gefühle“ von Christa Manske und Heike Löffel zurück.

Erfahrungsgemäß entwickeln die Kinder noch ganz viele weitere Variationen mit diesen Materialien.

Ich wünsche euch ganz viel Spaß bei der Umsetzung

Mareike Paic

Kontaktdaten:

Mareice Paic, Sternstunden-Seminare, www.sternstunden-seminare

Buch-Tipps:

Ein Dino zeigt Gefühle, Christa Manske und Heike Löffel, mebes & noack Verlag, ISBN 987-3927796423
Ein Dino zeigt Gefühle „Die Box“ Memo/Lotto Bildkarten Christa Manske und Heike Löffel, mebes & noack Verlag,

Anja Cantzler, Mein Körper, Hase und Igel https://www.hase-und-igel.de/buch/mein-koerper-9783867608589

Anja Cantzler, Meine Sinne, Hase und Igel, https://www.hase-und-igel.de/buch/meine-sinne-9783867608794

„Heute bin ich…“ – Die Entwicklung der Emotionalen Kompetenz

Die Entwicklung der emotionalen Kompetenz ist eine der zentralen Entwicklungs-aufgaben von Kindern im Alter von 0 – 6 Jahren. Die Kinder lernen in diesen Lebensabschnitt ihre eigene Gefühle auszudrücken und zu verstehen, sie anderen zu erklären, negative Gefühle zu bewältigen, Empathie und Einfühlungsvermögen zu entwickeln und die Gefühle anderer richtig zu deuten. All dies muss ein Kind erst lernen, um kompetent mit den eigenen und den fremden Gefühlen umgehen zu können. Ein Mensch der über emotionale Kompetenzen verfügt, hat in der Regel ein gesundes Selbstbewusstsein, kann mit Frust und Niederlagen umgehen und besitzt die Fähigkeit Beziehungen und Bindungen einzugehen.

Die 5 Stufen der Entwicklung

Die emotionale Kompetenz entwickelt sich in 5 Stufen:

  1. Stufe: Der Emotionsausdruck beinhaltet die Fähigkeit des Kindes, die eigenen Gefühle verbal und non-verbal zu zeigen.
  2. Stufe: Das Emotionswissen/ -verständnis umfasst die Fähigkeit, die eigenen Gefühle und die der anderen wahrnehmen und interpretieren zu können.
  3. Stufe: Die Emotionsregulation ist die Fähigkeit, mit den eigenen Gefühlen situationsangemessen und konstruktiv umzugehen.
  4. Stufe: Die Empathie meint die Fähigkeit, sich in die Gefühle des Gegenübers hineinversetzen und darauf angemessen reagieren zu können.
  5. Stufe: Die emotionale Kompetenz fasst alle benötigten Fähigkeiten zusammen, um mit den eigenen Gefühlen und denen der anderen angemessen umgehen zu können.
Fördermöglichkeiten

In der täglichen Praxis mit den Kindern spielt Ihr als pädagogische Fachkräfte eine wichtige Rolle, damit Kinder ihre emotionalen Kompetenzen entwickeln und entfalten können. Dazu bieten sich Euch viele Möglichkeiten:

  • lasst die Kinder im Alltag an Euren positiven und negativen Gefühlen teilhaben, dadurch können sie an Eurem Vorbild und Modell lernen
  • sprecht mit den Kindern über die verschiedensten Gefühle
  • nehmt die Gefühle der Kinder immer ernst
  • gebt den Kindern Raum, Angst, Wut und Trauer genauso auszuleben wie Freude
  • vermeidet Gefühle herunterzuspielen oder zu verharmlosen
  • setzt ein Kind nicht unter Druck, wenn es mit seinen eigenen Gefühlen überfordert ist
  • unterstützt die Kinder, Strategien zu entwickeln, um mit verschiedenen Gefühlen umgehen zu können
  • gebt Anregungen zur Gefühlswahrnehmung mit Hilfe von Büchern, Spielen zur Körper- und Sinneswahrnehmung, Spiegeln, Bildkarten, Piktogrammen etc.
  • ermöglicht den Kindern das freie Spiel mit Gleichaltrigen, damit sie sich aktiv mit der Befindlichkeit ihrer Spielpartner auseinandersetzen können und sie so lernen, sich in andere hineinzuversetzen.
Befindlichkeit der Kinder wahrnehmen und beachten

Aufgrund der Situation in den letzten Wochen und Monaten sind viele Kinder einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt: Freude, Angst, Wut und Trauer sind tägliche Begleiter. Zuhause bleiben zu müssen und nicht in die Kita zu dürfen, wird von den Kindern ganz unterschiedlich erlebt und wahrgenommen. Abhängig von der jeweiligen Lebens- und Arbeitssituation reagieren die Erwachsenen um sie herum ganz unterschiedlich. Für Euch wird es daher in den nächsten Wochen wichtig, genau hinzuschauen, wie es den Kindern geht. Auch wenn die Kinder zunächst freudig wiederkommen und fröhlich mit den anderen Kindern spielen, lasst Euch nicht täuschen, das ein oder andere Kind wird erst später über die Angst, die Wut oder über die Trauer reden können. Also bleibt am Ball. Neben den Fragen: „Was habt Ihr in den letzten Wochen gemacht?“ , „Was habt Ihr am meisten vermisst?“ und „Worauf freut Ihr Euch am meisten?“, solltet Ihr folgende Fragen stellen:

  • „Wie habt Ihr Euch in den letzten Wochen gefühlt?“
  • „Was hat Euch Angst gemacht?“
  • „Wart Ihr manchmal auch traurig oder wütend“
  • „Worüber habt Ihr Euch am meisten gefreut?“

Haltet in diesem Moment einmal kurz inne, horcht in Euch hinein und stellt Euch selbst diese Fragen: „Wie habt Ihr Euch in den letzten Wochen gefühlt?“, „Wie fühlt Ihr Euch gerade in diesem Moment?“, „Auf welche Strategien und Ressourcen konntet bzw. könnt Ihr in diesen herausfordernden Zeiten zurückgreifen?“, „Wo könnt Ihr Euch Unterstützung holen, wenn Ihr diese braucht?“

Ein Unterstützungsangebot biete ich Euch wieder am kommenden Mittwoch. Ich würde mich freuen, Euch wieder beim Zoom-Erfahrungsaustausch für Pädagogische Fachkräfte begrüßen zu können. (Nähere Infos s. unten)

Bis dahin alles Gute

Eure Anja

Erfahrungsaustausch für Fachkräfte über Zoom

Am Mittwoch, den 20.05.2020, von 14.30 – 16.30 Uhr treffen wir uns zu einem live Zoom Meeting zum Thema: (Wieder-)Ankommen in der Gruppe unter veränderten Rahmenbedingungen, Reaktionen der Kinder, Corona thematisieren – ja oder nein?

Anmeldung bis zum 20.05.2020 um 12.00 Uhr

per Email: anjacantzler@t-online.de

oder über das Kontaktformular mit dem Stichwort „Erfahrungsaustausch Fachkräfte“

Nach der Anmeldung schicke ich Euch die Zugangsdaten, damit Ihr Euch in das Meeting einloggen könnt.

Weitere Angebote unter:

und

Der Trauerkoffer – Eine Methode zum Umgang mit Abschied, Tod und Trauer

Trauer und Tod sind Themen, womit sich bereits kleine Kinder beschäftigen. Wie bereits in den vorausgegangenen Interviews herausgestellt, sind viele Erwachsene mit den Fragen und den Reaktionen der Kinder überfordert oder trauen sich aus Unsicherheit nicht, das Thema mit Kindern zu bearbeiten. Wenn Kinder trauern, brauchen sie eine liebevolle Begleitung durch einfühlsame Erwachsene. In der Trauerbegleitung gibt es verschiedene Möglichkeiten und Methoden, das trauernde Kind und seine Familie zu unterstützen. Eine davon ist der sog. Trauerkoffer.

Was ist ein Trauerkoffer?

Mit einem Trauerkoffer kann das Thema Tod, Trauer und Verlust spielerisch mit den Kindern erarbeitet werden kann. Dabei handelt es sich um einen Koffer, der mit verschiedenen Materialien bestückt ist, die bewusst im Vorfeld passend zur jeweiligen Situation zusammengestellt wurden. Dieser Koffer kann zum einen in der konkreten Arbeit pädagogischen Fachkräfte in der Kita eingesetzt werden oder von der Kita für die trauernden Familien zur Verfügung gestellt werden. Der Koffer bietet für Kinder und/oder Familien eine Möglichkeit, sich mit dem Verlust sichtbar und begreifbar auseinanderzusetzen, wenn sie dazu bereit sind.

Was kann mit einem Trauerkoffer bewirkt werden?

Er kann von Erwachsenen als Unterstützung genutzt werden, um mit Kindern Situationen aufzuarbeiten, die von Trauer, Verlust und Abschiednehmen geprägt sind. Das kann in konkreten Situationen geschehen, die die Kinder im familiären Umfeld erleben oder die sich spontan daraus ergeben, wenn die Kinder tote Tiere auf dem Kitagelände finden und ihre Fragen dazu äußern.

Mit Hilfe des Koffers vermittelt der Erwachsene dem Kind, dass der Tod etwas ganz Natürliches ist und dass der damit verbundene Verlust von einem Angehörigen, Freund oder auch Haustier sehr schmerzlich ist. Das Kind erfährt, dass sich die Traurigkeit mit der Zeit verändert ändert, dass es wieder fröhlich sein darf und sich schließlich gerne an den Verstorbenen erinnert.

In welchem Rahmen kann der Trauerkoffer eingesetzt werden?

Ein Trauerkoffer kann in einer konkreten Einzelsituation mit einem Kind oder mit einer Kindergruppe in der Kita vor Ort zur allgemeinen Thematisierung von Trauer und Tod genutzt werde. Bei einem konkreten Todesfall könnte dieser Koffer auch an die jeweilige Familie weiter gegeben werden. Eine weitere Option wäre, einen Elternabend zu und mit dem Koffer anzubieten. Ein offener Austausch nimmt Eltern evtl. Ängste und das Tabuthema bricht ein Stück weiter auf.

Was ist in einem Trauerkoffer drin?

Je nach Situation, Thema und Alter des Kinder kann folgendes in diesem Koffer sein: Bilderbücher, Materialien wie Tücher, Lichterketten, Gefühlskarten, Stofftier oder Handpuppe, Tonpapier, Kerzen, Steine, Kissen und Blumensamen etc. Dazu gibt es ein Begleitheft mit Impulsen und Anregungen für Umgang mit den Materialien und ein persönliches Gespräch mit der Familie, wenn der Koffer an die Familie ausgeliehen wird.

Wie können die verschiedenen Materialien eingesetzt werden?

Die vielfältigen Materialien im Koffer können je nach Situation unterschiedlich eingesetzt werden. Fällt es einem Kind schwer über den Verlust zu sprechen, kann beispielsweise eine Handpuppe die Brücke zum Kind bauen. Die Handpuppe stellt dann beispielsweise folgende Frage an das Kind: „Möchtest du vielleicht ein Bild malen und es beim nächsten Besuch auf dem Friedhof mitnehmen?“, um so den Trauerprozess in Gang zu bringen. Gefühlskarten ermöglichen einen Einstieg, um für die Gefühle Worte kennenzulernen und diese somit benennen zu können. Aus dem Tonpapier kann eine Blume mit verschiedenen Blütenblättern gebastelt werden. Jedes Blatt hat die Form einer Träne, worauf die Kinder malen, was sie traurig macht. Jedes Kind sucht sich eine Kerze aus, die es in Gedenken an einen Verstorbenen entzünden darf. Im Allgemeinen haben Kerzen eine sehr lange Tradition. Die Flamme gibt Geborgenheit, sie spendet ein besonderes sanftes Licht, das eine gemütliche, aber auch gleichzeitig festliche Stimmung erzeugen kann. Auch in der Trauerarbeit ist die Kerze ein wichtiges, tröstliches und nicht wegzudenkendes Element. Sie symbolisiert, dass das Licht der Seele des verstorbenen Menschen immer noch leuchtet, und dass er dadurch unvergessen bleibt. So wird durch das Anzünden der Kerze eine magische und besondere Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten geschaffen, die für die trauernden Menschen sehr tröstlich ist. Traditionell werden an bestimmten Tagen besondere Kerzen angezündet. Grablichter z.B. sollen zeigen, dass an diesen Tagen ganz besonders an den Verstorbenen gedacht wird. Eine gute Möglichkeit ist es daher, Kindern die Gelegenheit zu geben, eine eigene Kerze zu gestalten und diese am Tag der Beerdigung oder zu einem späteren Zeitpunkt aufzustellen. Auch Zuhause kann die brennende Kerze der Familie oder dem Kind einen Raum für die Trauer eröffnen. Eine weitere Idee im Falle eines plötzlichen und unerwarteten Todesfalls ist das Abbrennen von Wunderkerzen am Grab, die das abrupte Ende versinnbildlichen.

Grundsätzlich lieben Kinder, Koffer in denen sie stöbern und eintauchen dürfen. Das regt ihre Phantasie und Kreativität an. Die Materialien werden sie dazu anregen eigene Ideen und Impulse zu entwickeln, wenn sie hierfür die Gelegenheit bekommen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Für den fünfjährigen Tom war es ein schwerer Schlag, als sein Opa starb. Die Beziehung der beiden war sehr eng und intensiv. Zunächst wollte der Junge kaum über den Tod gesprochen.sprechen. Mittlerweile hat sich das völlig verändert und Tom nutzt gerne das Angebot der Pädagogischen Fachkräfte zur Trauerverarbeitung. Er nimmt mit ein paar Kindern aus seiner Kitagruppe an einer Gesprächsrunde teil, bei der der Trauerkoffer eingesetzt wird. Tom, die Kinder und die Pädagogischen Fachkräfte sitzen im Kreis in der Mitte brennt eine Kerze und der Koffer steht geöffnet an der Seite. Jedes Kind nimmt nacheinander einen Stein aus dem Koffer und berichtet, wie es ihm heute geht. Tom beteiligt sich aktiv am Gespräch und man merkt, wie es ihn erleichtert, seine Gefühle mit den anderen teilen zu können.

Was gilt es zu beachten?

Empfehlenswert ist es für Teams, schon vor Auftreten des ersten Todesfalls, Verlustes und Abschieds, sich mit dem Themen „Tod und Trauer“ zu beschäftigen und ein Konzept hierzu zu entwickeln. Das Thema an sich erfordert viel Mut von den pädagogischen Mitarbeiter*innen. Es ist wichtig zu wissen, dass dieses Thema immer ganz viel in uns selbst auslösen kann und unsere eigene Geschichte hier eine wichtige Rolle spielt. Die Kinder werden den Erwachsenen nach seiner Meinung und seinen Erfahrungen fragen. Die Arbeit mit dem Koffer erfordert daher eine ehrliche Auseinandersetzung mit sich selbst, um eine bewusste und authentischen Haltung entwickeln zu können. Wer bei dieser biografischen Selbstreflexion erkennt, dass es ihm schwer fällt, das Thema mit Kindern und Familien zu bearbeiten, sollte dies in Absprache anderen Kolleg*innen überlassen. Das hat nichts mit „Drücken vor der Arbeit“ zu tun. Es ist gelebte Authentizität. Bei der Arbeit mit den Kindern und Familien ist immer das Prinzip der Freiwilligkeit zu wahren. Das bedeutet, dass jede*r kann etwas sagen und sich beteiligen aber niemand muss. Selbstverständlich unterliegt diese Arbeit der Schweigepflicht wie jede andere persönliche Information, die Kinder und Familien mit den Pädagogischen Fachkräften teilen, auch. Wichtig ist auch der wertschätzende und achtsame Umgang mit den Gefühlen und Befindlichkeiten der Kinder und Familien. Das bedeutet, den Gefühlen Raum zu geben, wenn die Kinder es brauchen und sich wieder abwartend zurück zu ziehen, wenn das Kind signalisiert: „Halt Stopp, für jetzt reicht es mir.“

Schenkt den Kindern Euer Vertrauen im Umgang mit ihren Gefühlen und bleibt aufmerksam für die Signale der Kinder.

Ein Gastbeitrag von Vanessa Pivit, Erzieherin und Trauerbegleiterin

Bücherlisten zum Download

www.trauerbegleitung-pivit.de

trauerbegleitung-pivit@t-online.de / Tel.: 0160 – 947 43 683