Gemeinsam den Wiederbeginn wagen

Mit dem Betreuungsverbot seit dem 13. März seid Ihr vor ungewohnte Herausforderungen gestellt worden. Ihr befindet Euch seither im HomeOffice und seid teilweise in der Notbetreuung eingesetzt. Zunächst durften nur Kinder von Eltern aus systemrelevanten Berufen betreut werden. Je nach Einrichtung bedeutet das für euch von 0 bis hin zu über 60 und mehr Kindern, die zu betreuen sind. Mittlerweile ist die Notbetreuung auch für Kinder, bei denen das Kindeswohl gefährdet ist, geöffnet.

Wiederbeginn

Aktuell wird auf vielen Ebenen darüber nachgedacht, welche Hygiene- und Infektionsschutzkonzepte notwendig sind, um eine weitere schrittweise Öffnung von Kita und Kindertagespflege zu ermöglichen. Familien brauchen dringend Entlastung und trotzdem geht die Gesundheit vor. Zur Zeit bleiben viele Fragen offen und es werden in den kommenden Wochen noch viele Herausforderungen zu meistern sein.

Herausforderungen

Schon heute wird deutlich, dass viele Veränderungen auf Euch zukommen werden, die Einfluss auf Eure bisherige Pädagogik haben. Das Konzept der offenen oder gruppenübergreifenden Arbeit wird vorerst nicht umgesetzt werden können. Vorgaben zu festen Kleingruppen und Betreuung in einem eigenen Raum mit möglichst konstanten Betreuungspersonen haben zwangsläufig Auswirkung auf die Raumgestaltung und die Partizipationsmöglichkeiten der Kinder. In den Einrichtungen, in denen Mitarbeiter*innen zu den Risikogruppen gehören und deswegen in der Betreuung der Kinder nicht eingesetzt werden können, werden sich einzelne Kinder auf andere Bezugserzieher*innen einlassen müssen. Bring- und Abholsituationen verändern sich, da Eltern nur im äußersten Notfall die Einrichtungen betreten dürfen. Durch die stufenweise Aufnahme der Kinder in kleinen Gruppen ändern sich ggfs. die Gruppenzusammensetzungen. Kinder, die vorher miteinander befreundet waren, werden dann nicht unbedingt gemeinsam betreut, dürfen sich aber auch nicht gegenseitig in den Gruppen besuchen.

Konzeptionelle Überprüfung

In den nächsten Tagen und Wochen steht bei Euch die Überprüfung der bisherigen konzeptionellen Arbeit auf dem Plan. Es gilt die bisherige pädagogische Arbeit zu verändern und an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen.

Dazu sind folgende Fragen wichtig und hilfreich:

  • Was kommt jetzt für Euch neu dazu? Was müsst Ihr dabei berücksichtigen und dann in die Arbeit integrieren?
  • Was von dem bislang Bewährten könnt Ihr unter den veränderten Bedingungen erhalten und fortsetzen?
  • Wovon müsst Ihr Euch vorerst verabschieden, damit Ihr die Betreuung und pädagogische Arbeit unter den veränderten Rahmenbedingungen umsetzen könnt?
Alle mitnehmen

Die nächsten Wochen werden dadurch geprägt sein, dass Eure Arbeit mit den Kindern und Eltern einerseits und die Teamarbeit andererseits an verschiedenen Schauplätzen stattfinden. Da sind die Kinder, Eltern und Mitarbeiter*innen, die in der Notbetreuung zusammenkommen. Dann gibt es Kinder, Eltern und Mitarbeiter*innen, die aus den unterschiedlichsten Gründen zu Hause sind.

Wenn die Zahlen der zu betreuenden Kinder wieder zunehmen, finde ich es wichtig, zum einen die Familien zu Hause weiterhin miteinzubeziehen und die Kolleg*innen zu Hause im HomeOffice auch nicht zu vergessen. Bewährte und erprobte Kommunikationswege aus den letzten Wochen könnt Ihr fortsetzen, um über Briefe, Telefon und Videokonferenzen weiterhin mit Familien und Kolleg*innen in Verbindung zu bleiben.

Eure Kolleg*innen, die vorerst aus den unterschiedlichsten gesundheitlichen und familiären Gründen nicht wieder in die Einrichtungen zur Arbeit kommen können, gehören auch weiterhin zum Team dazu. Überlegt gemeinsam, wie Ihr im Kontakt bleibt und Eure Zusammenarbeit gestaltet. So könnt Ihr beispielsweise:

  • gemeinsam Aufgaben absprechen, die die Kolleg*innen im HomeOffice ergänzend übernehmen
  • aus dem Alltag mit den Kindern berichten
  • Euch auch weiterhin über Kinder austauschen und Rat beieinander suchen
  • ab und zu einen Besuch am Zaun des Kindergartens abstatten, um den persönlichen Kontakt auf Abstand zu pflegen
  • die Kolleg*innen im HomeOffice über Videokonferenzen mit in die Teamsitzungen einbeziehen und
  • sie am Veränderungsprozess beteiligen.
Stärken nutzen

Nutzt die Gelegenheit Euch über die unterschiedlichen Ressourcen und Stärken im Team bewusst zu werden. Was hat jede*r von euch in dieser Situation und von seiner*ihrer Position heraus einzubringen, das aktuell gewinnbringend für das ganze Team und die pädagogische Arbeit ist? In diesem Bewusstsein fühlt sich jede*r von euch wahrgenommen, gebraucht und gewertschätzt fühlen.

Heute möchte ich den Beitrag mit einem Zitat von Pep Gardiola beenden: „Wir brauchen die ganze Truppe, jeden Spieler des Teams, wenn wir erfolgreich sein wollen.“

In diesem Sinne wünsche ich Euch einen guten Start in die Woche.

Eure Anja

Tipp:

Online-Seminar für Leitungskräfte: Neues entsteht – Teamprozesse in Zeiten „nach“ Corona erkennen und bgleiten

Ltg. Anja Cantzler und Anja Klostermann

Teamarbeit im HomeOffice (1) – Kriterien einer erfolgreichen Teamarbeit

Photo by Andrea Piacquadio on Pexels.com

In Kita, Krippe und Großtagespflege treffen verschiedene Menschen aufeinander, die als Team zusammenarbeiten. Kooperative Teamarbeit und wertschätzende Teamkultur sind keine Selbstläufer. Schon im regulären Alltag, ohne Notbetreuung und HomeOffice, ist dies eine Aufgabe, bei der die Beteiligung und Mitgestaltung aller Teammitglieder erforderlich ist.

Kriterien für ein gutes Team

Was macht also eine gute Teamarbeit im Allgemeinen aus? Hierzu habe ich die wesentlichen Kriterien zusammen getragen:

1. Das Team hat eine gemeinsame Vision und arbeitet auf ein gemeinsames Ziel heraus, dadurch entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

Dazu gibt es eine schöne Geschichte von drei Bauarbeitern, die auf derselben Baustelle arbeiten und gefragt werden, was sie da tun. Darauf antwortet der erste: „Ich behaue die Steine.“ Der zweite sagt: „Ich mauere eine Wand.“ und der dritte erklärt: „Ich baue mit den anderen einen Dom.“ Die dritte Person in dieser Geschichte kennt die Vision und das Ziel seines Tuns, anders als die beiden anderen. Diese Geschichte ist im Original im Verlag Andere Zeiten erschienen. Die Bezugsquelle ist den angefügten Buchtipps zu entnehmen.

2. Gute Teamarbeit basiert auf einer guten Organisation, bei der jedes Teammitglied weiß, wann es was tut bzw. tun muss, um die gemeinsamen Ziele und Visionen zu erreichen.

3. Ein weiteres Kriterium ist das gemeinsame Verantwortungsgefühl für den Gesamterfolg, d.h. jede*r trägt seinen*ihren Teil zur Bewältigung der anstehenden Arbeit bei.

4. Jedes Teammitglied bringt seine Stärken und Kompetenzen in den Arbeitsprozess ein und übernimmt so eine wichtige Rolle im Team. Dadurch entsteht im besten Fall ein Hand-in-Hand-Arbeiten, dass zum gemeinsamen Erfüllen der Aufgaben und Erreichen der Ziele beiträgt. In diesem Zusammenhang arbeite ich gerne mit dem Rollenmodell nach Belbin, dass ich in meinem Buch: „Gruppenleitung in der KiTa“ näher erläutert habe.

5. Alles in allem herrscht in einem guten Team eine respektvolle Arbeitsatmosphäre, bei der sich jede*r mit seinen*ihren Ideen aber auch mit seinen Bedenken einbringen kann und jede*r den Ideen und Bedenken der anderen Teammitglieder gegenüber aufgeschlossen ist.

6. Eine gute Teamarbeit steht und fällt mit einer transparenten Kommunikation, dies beinhaltet, dass jedes Teammitglied Zugang zu den Informationen hat, die es braucht, um seine Aufgaben möglichst optimal ausführen zu können.

7. In jedem Team kommt es immer wieder zu Konflikten. Gute Teamarbeit zeichnet sich durch den konstruktiven Umgang mit Konflikten aus, d.h. dass Unstimmigkeiten möglichst zeitnah angesprochen werden und dann gemeinsam nach Lösungen gesucht wird.

8. Teams setzen sich aus unterschiedlichen Personen und Persönlichkeiten zusammen. Diese Diversität wird in einer guten Teamarbeit als Ressource und Bereicherung verstanden. Dadurch wird es möglich etablierte Strukturen und Arbeitsabläufe in Frage zu stellen und nach Bedarf zu verändern.

9. Konstruktives Feedback ist der Schlüssel zur Weiterentwicklung einzelner Teammitglieder und bildet die Grundlage dafür, die Arbeit gemeinsam zu verbessern.

10. Zu guter Letzt sollte ein gutes Team auch immer seine Erfolge feiern, das lenkt den Blick auf das, was geschafft wurde. Dies stärkt das Wir-Gefühl und wirkt sich mit Blick in die Zukunft motivationsfördernd aus.

Gut gewappnet für Herausforderungen

Für jedes Team bedeutet die aktuelle Situation, mit all ihren Unwägbarkeiten und Veränderungen, eine besondere Herausforderung.

Bei näherer Betrachtung liegt die Vermutung nahe, dass den Teams, die auch vor dieser außergewöhnlichen Situation schon viele dieser Kriterien erfüllt haben, es heute um einiges leichter fällt, gemeinsam mit den veränderten und ungewohnten Arbeitsbedingungen umzugehen.

Die Arbeit in den Notgruppen und im HomeOffice fordern die Leitungskräfte im speziellen, die Pädagogischen Fachkräfte im einzelnen und die Teams als gesamtes heraus. Es gilt neue Strukturen zu entwickeln und trotz räumlicher Trennung als Team mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen weiterhin konstruktiv zusammen zu arbeiten.

Wie das im Einzelnen aussehen kann, erörtere ich im nächsten Beitrag.

Sonnige Grüße

Eure Anja

Buchtipps:

Typisch – Geschichten für andere Zeiten (Verlag andere Zeiten)

https://www.anderezeiten.de/bestellen/bucher/typisch-kleine-geschichten-fur-andere-zeiten.html

Oh – Noch mehr Geschichten für andere Zeiten (Verlag andere Zeiten)

https://www.anderezeiten.de/bestellen/bucher/oh-noch-mehr-geschichten-fur-andere-zeiten.html

Anja Cantzler: Gruppenleitung in der Kita (Vandenhoeck & Rupprecht Verlag)

https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/gruppenleitung