von Anja Cantzler | 28.05.2020 | Methoden
Wir erleben gerade eine historische Zeit, an die wir und die Kinder uns in besonderer Form erinnern werden. Einige ältere Kinder erleben diese Zeit sehr bewusst. Andere, meist jüngere Kinder, können das Erlebte aufgrund ihrer Entwicklung noch nicht versprachlichen. Sie speichern daher die Ereignisse in ihrem Körper- und Gefühlsgedächtnis. Um mit Kindern das aktuell Erlebte zu bearbeiten, möchte ich heute ergänzend zu dem im letzten Beitrag benannten Portfolio die Zeitkapsel als weitere Methode vorstellen. Durch das gemeinsame Gestalten einer Zeitkapsel mit den Kindern erfahrt Ihr, wie Eure Kinder aktuell die Situation wahrnehmen, was ihnen wichtig ist und welche Themen sie gerade beschäftigen. Das gemeinsame Tun bietet einen Gesprächsanlass über die Gefühlswelt der Kinder. Sie merken, dass sie nicht alleine mit ihrem Erleben und ihren Gefühlen sind. Das eröffnet Raum zum gemeinsamen traurig, ängstlich und wütend Sein und es tut auch gut, immer wieder gemeinsam zu lachen. Das alles zusammen kann für viele Kinder eine befreiende und angstlösende Wirkung haben.
Was ist eine Zeitkapsel?
Eine Zeitkapsel ist ein Behälter gefüllt mit verschiedenen zeittypischen Dinge. Dieses Behältnis wird verschlossen und für einen vereinbarten Zeitraum aufbewahrt. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder sie wieder geöffnet. Manchmal wird eine Zeitkapsel auch für spätere Generationen vergraben, um den Findern in der Zukunft über das gegenwärtige Leben zu berichten.
Wann wird eine Zeitkapsel erstellt und gestaltet?
Zeitkapseln werden zu unterschiedlichsten Anlässen zusammengestellt.:
- bei persönlichen Anlässen
- Geburt
- Hochzeit
- Schuleintritt
- kurz vor dem nahenden Tod
- bei historischen Anlässen
- Naturkatastrophen
- Jahrtausendwechsel
- Pandemien
Ab welcher Altersstufen ist diese Methode einsetzbar?
Da die Kinder von ihrer kognitiven Entwicklung ausgehend, eine Vorstellung von Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit haben sollten, eignet sich die Methode für Kinder im Alter ab ca. 4 Jahren.
Welche Behälter sind geeignet?
Das ist davon abhängig, wo und wie lange die Zeitkapsel gelagert werden soll. In der Regel reicht ein Karton oder eine Metalldose, die für die vereinbarte Zeit in einem Regal oder an einem trockenen Ort gelagert wird. Soll die Zeitkapsel irgendwo vergraben werden, ist es wichtig, dass das Behältnis möglichst wasserdicht und rostfrei ist.
Was gehört in eine Zeitkapsel?
Alles, was den Kindern für diese Zeit wichtig und typisch ist: selbstgemalte Bilder, Fotos, Briefe, Smileys, Gefühlskarten, Gegenstände wie Mundschutz, Abspeerband, Toilettenpapier, Nudeln etc. Euren Kindern wird bestimmt ganz viel dazu einfallen.
Wann sollte eine Zeitkapsel wieder geöffnet werden?
Den Zeitpunkt, wann die Zeitkapsel wieder geöffnet werden soll, solltet Ihr gemeinsam mit den Kindern festlegen. Das kann einen Zeitraum von 3 Monaten über 1 Jahr bis hin zu mehreren Jahren umfassen.
Welche Variationsmöglichkeiten gibt es?
Ihr könnt, z.B.
- mit allen angehenden Schulkindern gemeinsam eine Zeitkapsel verpacken und Euch im kommenden Jahr dazu verabreden, sie gemeinsam wieder zu öffnen.
- mit jedem einzelnen Kind eine persönliche Zeitkapsel zusammenstellen, die bei Euch gelagert wird und die dem Kind in 3 Monaten oder einem Jahr zugestellt wird.
- mit den älteren Kindern eine Zeitkapsel für die jüngeren Kinder packen, die Jüngeren dann öffnen können, wenn sie selbst zur Schule kommen.
Ich bin überzeugt davon, dass Ihr gemeinsam mit den Kindern viele kreative Ideen entwickeln werdet. Damit ich ein bisschen daran teilhaben kann, bitte ich Euch, mir Fotos von euren Zeitkapseln zu schicken. Schreibt mir begleitend ein paar Zeilen zu Eurer Gruppe, Eurer aktuellen Situation und Eurem Zeitkapselprojekt. Alle Fotos*, die bis zum 30.06.2020 über anjacantzler@t-online.de bei mir eingehen, werde ich im Juli hier in meinem Blog veröffentlichen.
Ich freue mich auf Eure Fotos und Geschichten
Eure Anja
*Bitte achtet aus Datenschutzgründen darauf, dass keine Kinder auf den Fotos abgebildet sind.
von Anja Cantzler | 19.05.2020 | Methoden
Zur Förderung der emotionalen Kompetenz gehört es, dass Kinder möglichst spielerisch verschiedene Gefühle kennenlernen und diese zum Ausdruck bringen können. Die folgende Methode von Mareike Paic (Sternstunden-Seminare) unterstützt diesen Lernprozess und schult parallel die Wahrnehmung der Kinder, die verschiedenen Gefühle beim Gegenüber richtig zu interpretieren. Ich wünsche Euch heute viel Spaß mit dem Gastbeitrag von Mareike. Ich hoffe, ihr findet hier ganz viel Inspiration für Eure Arbeit mit den Kindern.
Eure Anja
Mareike Paic – Sternstunden-Seminare:
Die Gefühlsuhren
Habt Ihr auch früher stundenlang vor dem Spiegel gesessen und Grimassen gezogen? Ich selbst konnte als Kind nicht genug davon bekommen. Auch die Kinder, mit denen ich arbeite, verbringen so Ihre Zeit mit viel Spaß und Ausdauer vor dem Spiegel. Daraus entstand vor einiger Zeit meine Idee für die „Smiley-Schmuckdose“.
Die Vorbereitungen
Als erstes solltet Ihr 12 Smileys ausdrucken, auf Karton aufkleben, laminieren und ausschneiden. Zur Aufbewahrung eignet sich ein Schmuckkästchen, ein hübscher Karton oder ähnliches…egal welche Schachtel Ihr findet, ein Spiegel gehört UNBEDINGT dazu, damit sich das Kind selbst sehen und beobachten kann. Natürlich könnt Ihr auch prima einen aufstellbaren Schminkspiegel nutzen.
Die Spielanregung
Ladet das Kind ein, sich einen Smiley auszusuchen und das dargestellte Gefühl mimisch nachzumachen. Lasst das Kind erst einmal experimentieren. Im besten Fall versinkt es in seinem Tun und fühlt dabei spielerisch in sich hinein.
Im weiteren Prozess kann dieser spielerische Zugang ein Türöffner werden, um mit dem Kind über die verschiedenen Gefühle ins Gespräch zu kommen:
- Wie siehst du aus?
- Wie fühlt sich das an…im Gesicht, im Bauch …?
- Warst du auch schon einmal so richtig wütend/traurig/lustig?
- Wie guckst du, wenn du …bist?
Allein und mit der Gruppe
Die Smiley Schmuckdose lässt sich sehr gut für ein Kind oder in einer 1:1 Interaktion von Pädagogischer Fachkraft und Kind einsetzen. Ergänzend hierzu könnt Ihr die Methode in etwas abgewandelter Form auch im Morgenkreis integrieren. Dann sucht sich ein Kind sich ein Smiley aus der Schmuckdose aus und macht den entsprechenden Gefühlsausdruck mimisch. Die anderen werden dann eingeladen:
- den Gesichtsausdruck nachzumachen.
- zu beschreiben, was sie sehen
- das Gefühl, was in Ihnen hochkommt, zu benennen
- uvm.
Die Weiterentwicklung einer Spielidee
Um mit mehreren Kindern noch intensiver in das jeweilige Gefühl einzutauchen, die verschiedenen Gefühle zu verdeutlichen und Worte dafür zu finden, habe ich schließlich die Gefühlsuhren entwickelt.
Hierbei handelt es sich um mehrere runde Scheiben aus dicker Pappe, die am Kreisrand mit den gleichen Smileys wie in der Dose beklebt sind und mit einem drehbarem Zeiger, der in der Mitte durch eine Musterklammer in der fixiert wird, und so wie eine Uhr aussehen. (s. Fotos) Achtung: Der Zeiger darf nicht zu lang sein, sonst verdeckt er die Mimik des Smileys.
Jedes Kind bekommt es eine solche Uhr im Morgen- bzw. Spielkreis. Die Gefühluhren können dann unterschiedlich eingesetzt werden: z.B.
- als Gefühlsbarometer: auf die Frage hin „Wie fühlst Du Dich heute?“ stellt jedes Kind seine aktuelle Befindlichkeit auf der Uhr ein und so seht Ihr, wie es den einzelnen Kindern gerade geht.
- als Kombination von Schmuckdose und Gefühlsuhren: Ein Kind bekommt die Schmuckdose und alle anderen jeweils eine Uhr. Das Kind mit der Schmuckdose zieht einen Smiley und versucht, den Ausdruck nachzumachen. Zur Selbstkontrolle sollte unbedingt ein Spiegel zur Verfügung stehen. Mit diesem Gesichtsausdruck schaut das Kind dann in die Runde und alle andern stellen ihren Zeiger auf den Smiley, den sie zu erkennen glauben. Wenn alle fertig sind, werden die auf den Uhren markierten Smileys verglichen. Dann entsteht automatisch ein Austausch und es kann vorkommen, dass ein Kind feststellt: „Dein Gesicht sieht aber anders aus. Deine Augenbrauen sind anders. Deine Mundwinkel sind nicht unten.“ usw.
Daraus entsteht oftmals ein gemeinsames Ausprobieren und Experimentieren. Diese Übung ist dadurch nicht nur ein Türöffner, um mit den Kindern über Gefühle ins Gespräch zu kommen, die Kinder werden auch sensibilisiert, genau hinzuschauen und Körpersignale zu deuten.
Ein Dino zeigt Gefühle
Eine zusätzliche, erweiterte Variante für die Uhren wäre die Verwendung von Figuren, die dazu einladen neben den Gesichtsausdrücken auch die Körperhaltung miteinzubeziehen. Hier greife ich gerne auf die Bilder der Geschichte: „Ein Dino zeigt Gefühle“ von Christa Manske und Heike Löffel zurück.
Erfahrungsgemäß entwickeln die Kinder noch ganz viele weitere Variationen mit diesen Materialien.
Ich wünsche euch ganz viel Spaß bei der Umsetzung
Mareike Paic
Kontaktdaten:
Mareice Paic, Sternstunden-Seminare, www.sternstunden-seminare
Buch-Tipps:
Ein Dino zeigt Gefühle, Christa Manske und Heike Löffel, mebes & noack Verlag, ISBN 987-3927796423
Ein Dino zeigt Gefühle „Die Box“ Memo/Lotto Bildkarten Christa Manske und Heike Löffel, mebes & noack Verlag,
Anja Cantzler, Mein Körper, Hase und Igel https://www.hase-und-igel.de/buch/mein-koerper-9783867608589
Anja Cantzler, Meine Sinne, Hase und Igel, https://www.hase-und-igel.de/buch/meine-sinne-9783867608794
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