Übergänge gestalten – (Wieder-) Ankommen in der Kita

Aus der Transitionsforschung ist bekannt, wie wichtig gut gestaltete Übergänge für einen Menschen sind. Gerade die Übergänge in den ersten Lebensjahren sind sehr prägend für die weitere Entwicklung. Für viele Eurer Kinder war der Eintritt in Eure Kita die erste Übergangserfahrung. Die meisten dieser Kinder waren vor der Schließung der Kitas gut bei euch angekommen und haben sich wohlgefühlt. Mit der Schließung wurden sie von heute auf morgen aus dem vertrauten Kita-Alltag herausgerissen. Nun zeichnet sich nach gut 8 Wochen ab, dass die Einrichtungen schrittweise wieder geöffnet werden sollen. Dabei bleiben vorerst noch viele Fragen offen, wie die einzelnen Empfehlungen zu Abstandsregelungen, Gruppengrößen, Binnendifferenzierung und Infektionsschutz in die Praxis integrierbar sind. Für viele von Euch bedeutet das, sich von liebgewonnen und oftmals zäh umkämpften pädagogischen Grundsätzen vorerst zu verabschieden. Im Vordergrund steht jetzt erst einmal die Herausforderung, diesen Übergang trotz aller Vorgaben möglichst kindgerecht zu gestalten.

Erste Vorbereitungen

Für einige Kinder wird die Rückkehr in die Kita wie eine neue Eingewöhnung sein. Hinzu kommt, dass durch die veränderten Rahmenbedingungen der ganze Tagesablauf vom Bringen bis zum Abholen den Kindern unbekannt ist. Ihr werdet daher gemeinsam mit den Kindern und Eltern neue Rituale entwickeln müssen.

Deswegen ist es empfehlenswert, wenn Ihr vor dem 1. Tag der Rückkehr der Kinder Kontakt zu den Eltern aufnehmt und mit Ihnen ein Informationsgespräch per Telefon führt. Ähnlich wie beim ersten Aufnahmegespräch geht es hierbei darum, die Eltern über den Tagesablauf bzgl. Infektionsschutzmaßnahmen, Abstandsregelungen, veränderte Bring- und Abholsituationen zu informieren. Hilfreich wäre die Erstellung eines schriftlichen Leitfadens, der den Eltern zusätzlich Orientierung gibt. Mit Hilfe dieses Leitfadens können die Eltern ihre Kinder auf die Veränderungen vorbereiten. Ergänzend könnt Ihr einen Brief mit einem Foto von dem Raum und Euch an die Kinder schicken.

Es ist viel passiert

Für Euch wird es spannend, wie sich die Kinder in den letzten Wochen entwickelt haben. Bei einigen wird es Fortschritte und Weiterentwicklungen geben, in 8 Wochen und mehr passiert eine ganze Menge. Andere haben möglicherweise auch Rückschritte gemacht.

Auf jeden Fall werden die Kinder ganz unterschiedlich bei Ihrer Rückkehr in die Kita reagieren:

  • da gibt es Kinder, die sich freuen, endlich wieder mit anderen Kindern spielen zu können und Anregungen außerhalb der Familie zu bekommen
  • andere werden sich nur ungerne von den Eltern lösen und trennen nach dieser langen Zeit der ungeteilten Aufmerksamkeit
  • einige Kinder werden verängstigt und verunsichert zurückkehren
  • etc.
Fragen an die Eltern

Um die Kinder da abzuholen, wo sie jetzt stehen, bietet es sich an, einen neuen Anamnesebogen zu entwickeln. In diesem Fragebogen könnt Ihr bei den Eltern folgende Informationen erfragen:

  • Wie haben Sie und Ihr Kind die letzten Wochen erlebt?
  • Wie haben Sie und Ihr Kind die Zeit miteinander verbracht?
  • Weiß Ihr Kind, warum es nicht in die Kita kommen konnte?
  • Haben Sie mit Ihrem Kind über Corona gesprochen? Was weiß Ihr Kind darüber?
  • Äußert oder zeigt Ihr Kind Ängste, die mit Corona in Verbindung stehen?
  • Haben Sie an Ihrem Kind Verhaltensveränderungen beobachtet, die für uns wichtig sein könnten?
  • Welche Entwicklungsschritte hat Ihr Kind in den letzten Wochen gemacht? Was hat es dazu gelernt?
  • Freut sich Ihr Kind drauf, wieder in die Kita zu kommen?
  • Worauf freut sich Ihr Kind am meisten?
  • Wie, vermuten Sie, wird sich Ihr Kind bei der Trennung verhalten?
  • Welche neuen Rituale können wir gemeinsam finden, um die Verabschiedung in der veränderten Bringsituation zu gestalten?
  • Welches Übergangsobjekt kann dieses Ritual unterstützen?
  • etc.

Mit Hilfe dieser Fragen werdet Ihr einen guten Übergang für das Kind gestalten können. Bei allen Vorgaben und Empfehlungen sollte auf jeden Fall die Befindlichkeit des Kindes Vorrang haben. Entwickelt von vornherein einen Plan B, falls ein Kind sich nicht an der Tür von den Eltern verabschieden kann. Das Betretungsverbot für Eltern lässt Ausnahmen in Notfällen zu. Macht Gebrauch davon, um die Kinder nicht unnötig mehr zu belasten und zu verunsichern.

Und dann erst einmal Ankommen

Schaut, was den Kindern gut tut und Sicherheit gibt. Lasst die Kinder möglichst viel spielen, ermöglicht Ihnen viel Berwegung an der frischen Luft und schafft überschaubare Tagesstrukturen. Seid aufmerksam für die Sorgen und Ängste einzelner Kinder und beantwortet aufkommende Fragen nach Bedarf.

Nehmt Euch in den nächsten Wochen Zeit für das gemeinsame Ankommen. Ich wünsche Euch einen guten Start in eine neue Normalität.

Eure Anja

P.S.

Links mit Stellungnahmen zur Öffnung der Kitas

https://www.fruehe-bildung.online/perspektiven/news/vier-stufen-plan-fuer-wiedereroeffnung-der-kitas

https://www.nifbe.de/images/nifbe/Aktuelles_Global/AGJ-Stellungnahme_Offnung_Kita_.pdf
Stellungnahme der AGJ
Ankündigung:

Am 14.05.2020 gibt es einen weiteren Zoom Erfahrungsaustausch für Leitungskräfte. Dort wollen wir den Wiederbeginn mit Kindern, Eltern und Team reflektieren und gemeinsam weitere Ideen entwickeln.

Am 20.05.2020 findet dieser Erfahrungsaustausch wieder für pädagogische Fachkräfte statt.

Ab sofort könnt Ihr Euch über das Kontaktformular oder durch eine Email an: anjacantzler@t-online.de dazu anmelden.