Im folgenden berichtet Susanna D., aus S. von ihren Erfahrungen mit der Peergroup – Eingewöhnung in der Kindertagespflege.
Die Ausgangssituation
Kurze Infos zu meiner Kindertagespflege: ich arbeite alleine und darf daher 5 Kinder gleichzeitig betreuen. Durch Corona und meine eigene Schwangerschaft und Geburt in 2021, hatte ich das Pech, dass gleich 4 Plätze frei waren und gleichzeitig das Glück, dass es 4 Kinder gab, die nach meinem Mutterschutz durch mich betreut werden wollten.
Die Lösung für ein Problem
Da alle 4 Kinder im gleichen Alter waren (1 Jahr), wollten die Eltern auch gerne alle zur gleichen Zeit wieder zurück in ihren Beruf finden. Anfangs hatte ich sehr Bedenken, da das Berliner Modell in meinen Augen hierfür nicht geeignet ist. Auch wollte ich eine Eingewöhnungsphase von Monaten vermeiden, sondern lieber eine Alternative anbieten, in der es schneller geht, damit sich zeitnah eine Gruppendynamik aufbauen kann.
Durch Zufall habe ich dein Online-Seminar über die Peergroup Eingewöhnung per Facebook gefunden und sofort gedacht, dass ist die Lösung für mein Problem. Dank des Seminars konnte ich mit den von dir gereichten Werkzeugen meine Peergroup Eingewöhnung vorbereiten und mich sicher an das Projekt wagen.
Eine Gute Vorbereitung ist alles
Gesagt, getan … Natürlich musste hier eine gute Vorbereitung erfolgen – so als Alleinakteur. Glücklicherweise habe ich in meinem eigenen Haus 3 Räume für die Kindertagespflege: einen Gruppenraum, einen Schlafraum und einen Turnraum.
Für den Elternbereich wählte ich den Schlafraum, da ich zur Eingewöhnungszeit keine schlafenden Kinder hatte. Hier konnten die Eltern sich zurückziehen und die Kinder wussten immer, wo sie ihren Anker finden.
Das Abenteuer beginnt
Die Eltern waren alle vorab bereits miteinander bekannt und die Kinder kannten sich durch einen gemeinsamen Pekip-Kurs auch.
Wir haben bereits die ersten Tage mit einer Zeit von 1,5 Stunden gestartet, da die Kinder meist noch einen Moment gebraucht haben um anzukommen und sich frei zu bewegen. Ich finde gerade bei den Zeiten sollte man locker bleiben. Wenn die Kinder gut spielen und neugierig sind, sollte es hier kein starres „und jetzt ist Schluss für heute“ geben.
Bereits nach 3 Tagen konnten die ersten beiden Eltern ohne Probleme und mit einer direkten Verabschiedung für 10 min gehen. Das hat von Anfang an bei diesen Kindern sehr gut geklappt (in meinen vorherigen Eingewöhnungen gab es da öfter Schwierigkeiten). Ich konnte in relativ kurzer Zeit die Stunden erhöhen und nach 2 Wochen haben beide Kinder bereits freiwillig und sicher bei mir zu Mittag gegessen und ihren Mittagsschlaf gehalten.
Ich war sehr erstaunt, wie schnell sich diese beiden Kinder an meinen Tagesablauf gewöhnt haben. Auch rückblickend nach einem halben Jahr, fühlen sich beide sicher und geborgen in meinen Räumen. Sie haben eine gute Bindung zu mir aufgebaut, bewegen sich frei im Raum und entwickeln sich ihrem Alter entsprechend hervorragend.
Kindorientierung vor Peergroupfokussierung
Die anderen beiden (Zwillinge) haben etwas länger gebraucht und diese Zeit haben wir Ihnen gegeben.
Anfangs konnte die Mutter nicht einmal den Raum verlassen und die beiden kreisten sehr eng um sie herum. Nach ca. 2 Wochen wurde es etwas entspannter.
Dann hat der Vater (aufgrund des beruflichen Wiedereinstiegs der Mutter) übernommen. Hier waren wir bereits soweit, dass sich die Eltern außerhalb des Raumes aufhalten konnten. Mit langsamen Steigerungen waren auch diese beiden Kinder nach 5 Wochen angekommen und eingewöhnt. Obwohl sie sich anfangs mit dem alleine bleiben schwer taten, haben sie sich dann sehr schnell an Mittagessen und Mittagsschlaf bei mir gewöhnt.
Nach einem halben Jahr kann ichrückblickend sagen, dass die beiden eine absolute Herausforderung waren und ich sehr glücklich bin, dass sie mich als neue Bezugsperson in ihr Herz geschlossen haben und sich sehr wohl bei mir fühlen. Auch hier ist eine enge Bindung vorhanden.
Das Fazit
Mein Fazit für die Peergroup: die Eingewöhnung, egal nach welchem Modell, ist in meinen Augen die Königsdisziplin in der Kinderbetreuung. Mit ihr steht und fällt die zukünftige Betreuung der Kinder.
Das Peergroup-Modell bedarf einer guten Vorbereitung der Räumlichkeiten. Nach Möglichkeit sollte es eine Elternecke geben, die sich nicht direkt im Hauptaufenthaltsbereich der Kinder befindet, aber auch nicht zu weit entfernt liegt. Auch sollten die Abläufe vor Arbeitsbeginn gut durchplant sein, am besten ist es, den Eltern beim Abschied bereits die Pläne für den nächsten Tag mitzuteilen. So entsteht hier gleich eine Vertrauensbasis und die Eltern können sich vorbereiten und einstellen (kurz aus meiner eigenen Erfahrung als Mutter von 3 Kinder: ich wusste in der Kita selten, was heute von mir und meinem Kind verlangt wurde. Somit war ich oft überrascht, wenn die Erzieher auf mich zu kamen und sagten, so jetzt geh mal eben vor die Tür).
Die Peergroup erleichtert einer Kindertagespflegeperson den späteren Alltag. Heißt: Üblicherweise würde bei 4 Kindern die Eingewöhnung sich bis zu 4 Monaten ziehen, da in anderen Modellen eine Einzeleingewöhnung dargestellt wird. Die Eingewöhnungsphase bringt aber immer Umbrüche und Unruhe in den Alltag für die bereits vorhandenen Kinder. Auch ist es oft für gerade eingewöhnte Kinder schwer zu verstehen, warum nach bspw. 4 Wochen auf einmal die Aufmerksamkeit der Betreuerin auf jemand „Neues“ gerichtet wird.
In der Vergangenheit habe ich es erlebt, dass gerade eingewöhnte Kinder sich schwer tun mit „neuen“ Kindern. Durch die Peergroup wird ihnen dieser Teil erleichtert. Sie sehen bereits von Anfang an, dass die Betreuerin für jeden Zeit hat und ihre Aufmerksamkeit gut aufteilen kann. Sie erleiden keinen „Trennungsschmerz“ von ihrer neuen Bezugsperson und ich als Tagesmutter habe die Zeit mich auch nach 4 Wochen ausgiebig auf die Kinder zu konzentrieren.
Durch die gleichzeitige Eingewöhnung ist es mir gelungen, dass wir schnell in einen geregelten Tagesablauf übergehen konnten und somit mein „altes“(2,5 Jahre) Kind schnell wieder seinen gewohnten Rhythmus hatte.
Empfehlung für die Kindertagespflege
Meine Empfehlung für Kindertagespflegepersonen ist, dass die Peergroup-Eingewöhnung sich sehr gut auch in einer kleinen Gruppe umsetzen lässt. Bei einer Kindertagespflegestelle von max. 5 Kindern würde ich aber zukünftig trotzdem nur max. 3 Kinder gleichzeitig eingewöhnen um allen gerecht zu werden.
Bei meiner ersten Umsetzung habe ich mich für die 4 Kinder gleichzeitig nur entschieden, da ich 1. Zwillinge dabei hatte und 2. wusste, dass die Kinder sich bereits kannten und privat bereits Kontakt bestand.
Sollten die Räumlichkeiten in der Kindertagespflege es nicht hergeben, dass eine Elternecke eingerichtet werden kann, sollte sich gut überlegt werden, welche Alternativen möglich sind.
Vorbereitung für die Eingewöhnung, nicht nur für die Peer-Group: ich habe im letzten Jahr damit begonnen, dass ich vor Beginn (ca.1-2 Monate) Spielnachmittage mit den zukünftigen Tageskindern angeboten habe. Diese habe ich fix einmal die Woche veranstaltet. So konnten die Kinder bereits sich mit mir und den Räumlichkeiten vertraut machen. Eine absolute Empfehlung, auch wenn es für uns Tagesmütter meist bedeutet, dass diese Zeiten nicht bezahlt werden, aber das ist ein anderes Thema.
Trotz Hürden ein Erfolg
Von Seiten meiner Fachberaterin beim Jugendamt gab es keine Unterstützung. Sie war sehr skeptisch, alle Kinder gleichzeitig einzugewöhnen. Ich habe Sie zwar gut informiert, aber meist werden ja neue Modelle erstmal kritisch beäugt. Auch fand sie die Anwesenheit von 3 Eltern gleichzeitig zu Corona-Zeiten sehr bedenklich. Ich habe trotzdem die Eingewöhnung nach Peergroup durchgezogen und bin sehr stolz darauf, dass ich es geschafft habe, dass alle Kinder gut angekommen sind und sich wohl bei mir fühlen.
Uns steht das noch bevor, toller Bericht;)
Malena
Ich finde es so traurig, dass die Mehrheit auf das Berliner Modell schwört! Jedes Kind sollte doch eine auf sich und seine Bedürfnisse angepasste „Eingewöhnung“ erhalten. Wir (Großtagespflege) führen aktuell eine Diskussion mit dem Jugendamt bezüglich unserer Eingewöhnung.
Die Eltern bekommen bei einem Infogespräch einen Einblick in den Alltag der Zwerge und der Art und Weise, wie wir eingewöhnen. Danach besprechen wir, wie die Eingewöhnung ablaufen soll, welche Vorlieben und Besonderheiten das Kind hat, Ängste und Sorgen der Eltern.
Die ersten Tage sind die Eltern für einige Zeit dabei, wie lange entscheidet das Kind aber auch die“Gruppe“ der anderen Kinder. Wenn wir denken, dass sich das Kind für eine kurze Zeit und wenn es nur 5 Minuten sind, alleine beschäftigen kann, neugierig das Geschehen der anderen beobachtet, schicken wir die Eltern auf Abstand( Küche, Nebenraum oder auch mal nach draußen) aber immer in schnelle Erreichbarkeit! Wenn wir merken, dass die Stimmung zu kippen droht, der Zerg aber auch die Eltern unruhig werden, holen wir diese wieder hinzu. Je nach Stimmung des neuen Kindes, der Eltern aber auch der bereits länger anwesenden Kindern, verlängern wir diesen Abstand bzw reduzieren ihn bei Bedarf auch wieder. Was ist daran so schlimm bzw schlechter als das Berliner Modell? Es sollte doch immer zum Wohl des neuen Kindes und dessen Eltern gehen und nicht nach irgendeiner Zeitvorgabe nur weil diese vielleicht einen tollen Namen hat. wir gewöhnen so seit fast 20 Jahren ein und haben stets gute Erfahrungen damit gemacht. ist diese Methode denn so schlecht? ich denke, das Peergroup-Prinzip funktioniert ähnlich eben mir mehr Kindern, aber auch immer individuell angepasst.
Ich finde es echt super, dass es Menschen gibt, die auch mal was anderes probieren.
Danke für diesen Beitrag!