Manchmal frage ich mich: Für wen wird in diesem Land eigentlich Politik gemacht? Für die Kinder sicher nicht. Nicht, wenn man sich ansieht, wie derzeit in Nordrhein-Westfalen an der KiBiz-Reform gebastelt wird – hinter verschlossenen Türen, ohne dass Eltern, Fachkräfte oder Expert:innen wirklich einbezogen werden.

Kitas am Limit – Kinder vor verschlossenen Türen

Fachkräfte arbeiten am Limit, kämpfen gegen Personalmangel, überfüllte Gruppen und eine Unterfinanzierung, die ihnen die Luft abschnürt. Und in anderen Orten genau das Geenteil- hier gibt es auf einmal zu wenige Kinder. Plätze bleiben frei. es drohen Gruppenschließungen und Entlassungen. Misswirtschaft auf ganzer Linie.
Statt bei letzteren den Personalschlüssel zu erhöhen oder die Gruppen zu verkleinern, werden ganze Gruppen oder sogar komplette Kitas geschlossen. Gleichzeitig wird der Kindertagespflege vielerorts die Grundlage entzogen – jene flexible Form der Betreuung, die oft genau dort einspringt, wo Kitas überlastet sind oder fehlen.

Kinder – eine schutzlose Minderheit

Kinder sind die schwächste, aber wichtigste Minderheit unserer Gesellschaft. Sie haben keine Lobby. Sie können ihre Stimme noch nicht erheben, sie können nicht protestieren. Und genau deshalb müssen wir Erwachsenen dafür sorgen, dass ihre Rechte geschützt werden.
Aladin El-Mafaalani beschreibt in seinem Buch „Kinder – Minderheit ohne Schutz“, wie Kinder in einer alternden Gesellschaft immer weniger gesehen werden und politische Entscheidungen von den Interessen der Erwachsenen geprägt werden. Er fordert einen Minderheitenschutz für Kinder – und damit eine Politik, die sie ernst nimmt.

Bundespolitik: Ansprüche der Familien runterfahren?

Parallel zu den Herausforderungen in NRW fordert die Bundesministerin Prien, die Ansprüche der Familien an die Kinderbetreuung zu reduzieren. Es geht nicht um Qualität sondern um Quantität. Betreuung und Bildung werden nicht gestärkt, sondern beschnitten. Fachkräfte sehen sich weiter überlastet, während Eltern auf Unterstützung verzichten sollen. Und auf wessen Rücken wird das ausgetragen? Auf dem der Kinder. Kinder verlieren so immer weiter wertvolle Chancen für frühkindliche Förderung.

Aufwachsen in Würde ist ein Recht

Kinder haben ein Recht auf Bildung, auf Förderung und auf eine Betreuung, die ihre Entwicklung unterstützt. Familien haben ein Recht auf auf verlässliche Strukturen und Entlastung. Fachkräfte haben ein Recht auf Wertschätzung, faire Bezahlung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen.
Wenn wir weiterhin die Qualität der Betreuung beschneiden, Gruppen vergrößern, Kitas schließen und die Kindertagespflege aushöhlen, dann ist das ein System, das Kinder und Familien im Stich lässt.

Jetzt aktiv werden

Wir dürfen nicht schweigen. Jede:r von uns kann etwas tun:

  • Engagiert euch in den Fachkräfteverbänden der einzelnen Länder, unterstützt den Austausch, bringt eure Expertise ein.
  • Schreibt offene Briefe an Politiker:innen, fordert Transparenz, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Investitionen in die Bildung unserer Kinder.
  • Beteiligt euch an offenen Anhörungen und geht zu Ausschusssitzungen auf kommunaler Ebene.
  • Teilt eure Erfahrungen und Geschichten, macht deutlich: Die Politik darf Kinder, Eltern und Fachkräfte nicht länger ignorieren.

Aufwachsen in Würde darf kein Privileg sein. Es ist ein Recht – ein Recht, das wir verteidigen müssen, bevor es zu spät ist.

Eure Anja


Quellen:

El-Mafaalani, Aladin: Kinder – Minderheit ohne Schutz. Kiepenheuer & Witsch, 2025.

Jugendhilfeportal NRW – KiBiz-Reform

Ministerium für Schule und Bildung NRW – KiBiz