„Deutschland verspielt die Zukunft seiner Kinder…“

„Deutschland verspielt die Zukunft seiner Kinder…“- dieses Zitat stammt von dem Buchrückentext, der auf Ilse Wehrmanns neustem Buch „Der Kita-Kollaps“ zu finden ist.

Ilse Wehrmann beschreibt in diesem Buch die aktuelle Lage der Kindertageseinrichtungen – ungeschönt und bitter. Gut recherchiert, analysiert sie die aktuelle Misere, deckt die politischen Versäumnisse der letzten 20 Jahre auf und versucht Lösungswege aufzuzeigen.

Ein Rückblick

Ich bin nun seit 30 Jahren im Beruf und mir geht es ähnlich wie Ilse Wehmann. Ich verstehe nicht warum wir sehenden Auges in diese heutige Situation gerannt sind. Oft werden die katastrophalen Umstände mit der Pandemie begründet. Aber das ist nur ein ganz kleiner Teil der Wahrheit. Denn bereits vor 20 Jahren machte Professor Wassilios Fthenakis mit anderen Expert*innen darauf aufmerksam, dass dringend gehandelt werden müsse. Was dort geraten wurde, liest sich heute wie eine Blaupause. (Wehrmann, 2023, S.172-173)

Und trotz andauernder warnender Stimmen wurde nicht gehandelt, zumindest nicht mit Blick für eine langfristige und tragfähige Bildungspolitik. Eine Bildungspolitik, die allen Kindern und Familien zugute kommt, die Familien entlastet und unterstützt und die Fachkräften einen vernünftigen Arbeitsrahmen bietet.

Ein Ausblick

Aber solange die Politiker nur auf kurzfristige Erfolge erpicht sind, um möglichst hoch auf der Karriereleiter steigen zu können, wird da nichts draus. Kinder haben in unserer Gesellschaft keine Lobby. Mit dieser Sicht verspielt Deutschland langfristig nicht nur die Zukunft seiner Kinder… langfristig auch die eigene. Deutschland hat keine Rohstoffe, die es exportieren könnte, unser einziges Pfund ist Wissen. Tja, und das geht gerade den Bach runter.

Was wir jetzt brauchen sind beherzte Politiker*innen auf Bundesebene, die bereit sind unabhängig von ihrer eigenen Karriere, sich für die Entwicklung des Bildungssystems und für unsere Kinder stark zu machen. Es geht um die Umorganisation der Zuständigkeiten von Bund, Land und Kommune. Es braucht Bildungsgipfel, bei denen alle Länder, Kitafachkraftverbände, Elternvertretungen, Wohlfahrtsverbände vertreten sind und an langfristigen Lösungen interessiert sind. Das braucht Geld und die Beherztheit manche Prozesse zu verschlanken. Ideen gibt es genug.

Und aktuell?

Natürlich braucht es auch Übergangslösungen für die aktuelle Situation. Denn es macht mir sehr nachdenklich, was mir in den letzten Wochen und Monaten in meiner Coaching und Beratungstätigkeit gehäuft begegnet: Fach- und Leitungskräfte, die sich mit der Arbeit nicht mehr identifizieren können, weil sie kaum Zeit für das einzelne Kind mehr haben und zuviel andere Aufgaben (admistrativ, dokumentarisch, hauswirtschaftlich) noch abdecken sollen, mal ganz unabhängig davon, ob die Kolleg*innen überhaupt da sind oder alle Stellen besetzt sind. Vorbereitungs- und Besprechungszeiten fallen oftmals ganz weg. Fach- und Leitungskräfte sind zunehmend erschöpft und ausgebrannt. Für viele scheint das Ausscheiden aus dem Beruf und die Suche nach anderen Arbeits- und Betätigungsfeldern die einzige Lösung.

Vorsicht vor toxischer Positivität

Anderen wiederum wird vorgegaukelt, sie müssten nur ihr mindset ändern, dann wäre alles halb so schlimm. Frei nach dem Motto: Du musst dir die Welt nur schön denken, dann ist sie auch schön.

Auch ich versuche mit meinen Coachees ersteinmal herauszufinden, was sie an ihrer Tätigkeit schätzen und ob es etwas gibt, aus dem sie Kraft schöpfen können. Selbstfürsorge ist dabei immer wieder ein sehr wichtige Thema.

Ich bin aber keine Freundin davon, die Verantwortung für ihr Wohlbefinden nur den Fachkräften zu zuschieben. Nicht selten haben die Fachkräfte dann das Gefühl, etwas falsch zu machen und nicht richtig zu sein. Sie suchen den Fehler bei sich.

Es braucht Unterstützung von den Verantwortlichen

„Du kannst die anderen nicht ändern, nur dich selbst.“ – „Wenn du die Situation nicht ändern kannst, dann ändere deine Haltung dazu.“ – An diesen Aussagen ist etwas dran. Haltung und Einstellung spielen eine große Rolle, um schwierige Situationen zu meistern. Trotzdem dürfen sie dich nicht dazu verleiten, dass du alles nur hinnimmst, aushälst und ständig gegen Windmühlen arbeitest. Manchmal ist es ´besser zu gehen, wenn es keine weitere Unterstützung von außen gibt.

Daher schätze ich gerade jeden Träger, der versucht hier Abhilfen zu schaffen: z.B. durch Überprüfung ob wirklich jede Dokumentation notwendig ist, wo durch Verwaltungskräfte Entlastung geschaffen werden kann und durch veränderte Betreuungszeiten der Einsatz der vorhandenen Fachkräfte verlässlicher stattfinden kann. Letzteres kann auch Eltern mehr Sicherheit geben. Manchmal ist eine verlässliche 35 Stunden-Betreuung an 4 1/2 Tagen besser, als eine 45 Stunden Betreuung, die jeden Tag auf der Kippe steht.

Ein Hoffnungsschimmer

Zum Glück gibt es Initiativen von Trägern, die ihren Leitungskräften zum Beispiel Verwaltungskräfte zur Seite stellen und Home-Office Zeiten ermöglichen.

Und es gibt Leuchttürme in der Kita-Landschaft. Das sind, die sich trotz aller Schwierigkeiten auf den Weg gemacht haben, um Kindern, Eltern und sich selbst ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen. Nicht selten sind hier die bedürfnisorientierte Pädagogik, Werkstattpädagogik, Reggiopädagogik ud Offene Arbeit die großen Gamechanger. Ein nennenswertes Beispiel bietet hier die Kita Heide-Süd in Halle (Saale). Diese Kita arbeitet bedürfnisorientiert und sie wurden dieses Jahr mit dem Deutschen Kita-Preis ausgezeichnet. Ich hatte das Vergnügen, mit der Leitung und zwei ihrer Mitarbeiterinnen in einem Kita Talk sprechen zu können. Es wäre mein Wunsch, wenn solche Einrichtungen nicht nur Leuchttürme bleiben, sondern unsere zukünftige Kita-Landschaft gestalten.

Hier kommst du zum Kita Talk: Kinder radikal ernst nehmen.

Trotzallem bleibt Nachdenklichkeit

Das Buch von Ilse Wehrmann hat viel in mir aufgewühlt. Ich bin nachdenklich, verärgert, frustriert und gleichzeitig motiviert weiter zu machen. Ich werde weiter am Ball bleiben, den Finger weiter mit in die Wunde legen, Fachkräfte begleiten und unterstützen, Familien beraten und für die Rechte der Kinder mich weiterhin einsetzen.

Deine Anja

Die Magie der Eingewöhnung – Bewährte und Neue Materialien für Krippe, Kita und Kindertagespflege

Hier in NRW enden diese Woche die Schulferien und die ersten Eingewöhnungen sind bereits im vollen Gange.

Aufnahme und Eingewöhnung von neuen Kindern und ihren Familien sind immer wiederkehrende Themen in Krippe, Kita und Kindertagespflege. Die Eingewöhnung ist die Basis für alles weitere: zum einen mit Blick auf die Entwicklung des Kindes und zum anderen mit Blick auf die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Eine Eingewöhnung ist in der Regel nicht nach zwei bis drei Wochen abgeschlossen, je nach Kind dauert sie auch gerne länger. Meines Erachtens ist dabei wichtig nicht an einem Modell starr zu kleben, sondern diesen Übergang möglichst individuell und bedürfnisorientiert zu gestalten und zu begleiten.

Bereits 2021 habe ich einen ähnlichen Blogartikel veröffentlicht, den ich hiermit aktualisieren und ergänzen möchte, da seither viele neue Beiträge, Materialien und Bücher von meinen Kolleg*innen und mir erschienen sind.

Vorab möchte ich dir meine 5 Tipps zur Eingewöhnung ans Herz legen. Hierbei handelt es sich um einen mehrteiligen E-Mail Kurs, mit dessen Hilfe du über eine Woche hinweg eure Eingewöhnung reflektieren und überprüfen kannst. Vielleicht gibt es ja noch die ein oder andere Anregungen, um im kommenden Jahr, die Gestaltung des Übergangs zu verändern.

Eingewöhnung, Ankommenszeit, Beziehungszeit…

Zunächst einmal ein paar kurze Gedanken zum Begriff „Eingewöhnung“. Ich bin schon seit einigen Jahren nicht mehr glücklich mit dem Begriff „Eingewöhnung“. Er hat zum einen etwas sehr passives: „die Kinder und ihre Familien“ werden eingewöhnt. Dabei sollten sie doch zu jedem Zeitpunkt aktiv am Prozess beteiligt sein. Sie bestimmen Tempo und Vorgehen je nach Bedürfnis mit. Zum anderen sollte es nicht darum gehen, dass sich irgendwer an irgendetwas „gewöhnen“ muss. Geht es nicht in erster Linie um den Beziehungsaufbau? Nicht Gewöhnung sondern sich miteinander vertraut machen und zueinander Vertrauen aufbauen, darum sollte es gehen. Im besten Fall gelingen Übergang und Beziehungsaufbau so, dass die Kinder gerne und mit Freude zu dir in die Krippe, Kita und Kindertagespflege kommen.

Deswegen würde ich mich gerne langfristig von dem Begriff der Eingewöhnung verabschieden. Ankommens- und Kennenlernzeit sind für mich viel stimmigere Begrifflichkeiten.

Meine Motivation

Warum ist mir das Thema so wichtig? Meine Erfahrungswissen reicht nun gut 30 Jahre zurück und als junge Fachkraft im Berufspraktikum habe ich noch miterlebt, was es hieß keinen gut begleiteten Übergang für Kinder und ihre Familien zu gestalten.

Mein erster Arbeitstag war die Hölle. Die mir fremden Kinder wurden gebracht und mussten umgehend bis zu 4 Stunden ohne Eltern in meiner Gruppe bleiben. Uns ging es allen unglaublich schlecht damit: viele Kinder haben gelitten- leise oder laut, je nach Persönlichkeit und Vorerfahrung. Die Eltern mussten gehen und waren buchstäblich unerwünscht- bloss nicht zu lange bleiben, das Kind könnte sich ja daran gewöhnen. Und ich war mega gestresst und abends fix und fertig.
Ich spürte sehr früh, dass da etwas gehörig falsch lief.

In den drei Folgejahren baute ich nach und nach 3 neue Kitas mit auf – erst als Fachkraft, später als Leitung. Die jüngsten Kinder waren 4-6 Monate alt. Uns war schnell klar, dass da die Eltern mit ins Boot geholt werden müssen, damit die Kinder sanft und sicher bei uns ankommen können.

Wir machten gute Erfahrungen und gut 12 Jahre nach meinem Berufseinstieg war mir als Weiterbildnerin klar, was ich für Kinder im Übergang von der Familie in die Kita möchte. Ich lernte das Berliner Eingewöhnungsmodell kennen und kämpfte gegen viele Windmühlen, um eine elternbegleitete und bezugspersonenorientierte Eingewöhnung als Standard für Kitas mit einzuführen.

Seither begleitet mich dieses Thema und lässt mich nicht mehr los. Auch wenn ich seit einigen Jahren mich intensiver mit der PeergroupEingewöhnung beschäftigt habe und darüber referiere- mein Herz hängt seit eh und je an einer an den Bedürfnissen des Kindes und seiner Familie orientierten Ankommenszeit. Aus meiner Sicht ist jede Familie individuell zu betrachten und zu begleiten.

Gesammelte Blogartikel

Auf diesem Wissen- und Erfahrungshintergrund sind in den letzten drei Jahren hier viele Blogartikel für die Begleitung der Kinder und Familien von zu Hause in die Kita entstanden. Zur besseren Übersicht findest du hier eine Aufstellung der verschiedenen Beiträge (mit einem einfachen Klick auf den Link gelangst du zu den einzelnen Artikeln) :

Bücher, Blogartikel und mehr speziell zur Peergroup-Eingewöhnung

Bereits im November 2023 ist mein Buch zur Peergroup Eingewöhnung im Verlag an der Ruhr erschienen. Das Buch erläutert die theoretischen Grundgedanken und stellt dar, welche Bedeutung die Gruppe der Gleichaltrigen für die kindliche Entwicklung hat. Mein Fokus lliegt dabei auf der praktischen Umsetzung des Modells. Hier kommst du direkt zur Bestellung.

Um dich schon einmal ins Thema einzuschwingen, habe ich dir hier ein paar Blogartikel zusammengestellt:

Mittlerweile war ich schon in einigen Podcasts zu dem Thema als Expertin eingeladen:

Bei meinen KitaTalks begegnet dir die Peergroup auch gleich zweimal:

Wenn du ergänzend zu diesen Infos an einem Seminar zu diesem Thema interessiert bist, gibt es im Herbst 2023 und im Frühjahr 2024 wieder verschiedene Live-Online Seminare im Haus Neuland, Kath. Landvolkshochschule Hardehausen und VHS Hannover Land. Auf Anfrage biete ich auch Online Seminare für Teams an.

Meine KitaTalks

Es gibt auch noch einige Folgen der Kita Talks zum Thema Eingewöhnung, wo es um die bedürfnisorientierte Eingewöhnung, die Eingewöhnung von Kindern mit und ohne Fluchterfahrung und der kultursensiblen Eingewöhnung geht. Zum Stöbern in den KitaTalks klickst du am besten HIER.

Beliebte andere Podcasts

Weitere Bücher und Materialien

Gerade ganz neu erschienen ist das sehr empfehlenswerte Buch von Lea Wedewardt: Ankommen dürfen statt Loslassen müssen. Hier wird aus vielen Blickwinkeln beschrieben, wie eine Bedürfnisorientierte Eingewöhnung in der Praxis gelingen kann. Hier erfährst du mehr und kommst direkt zur Bestellung.

Eine weitere sehr empfehlenswerte Neuerscheinung ist das Praxisbuch zur Eingewöhnung vom Krüger&Thiel Institut. Das Buch bietet eine Fülle von Ideen und Anregungen für Eltern und Fachkräfte. Es gibt Orientierung, wie die Eingewöhnungsphase gestaltet werden kann, damit Kinder, Eltern und Fachkräfte einen gelingenden, gemeinsamen Start in die Kitazeit bekommen können.

Das Krüger & Thiel Institut hat außerdem eine kleine Broschüre mit dem Titel: Sanfte Eingewöhnung für mein Kind veröffentlicht. Die Broschüre bestehen aus liebevoll zusammengestellten Fotos mit Szenen aus dem Eingewöhnungsalltag einer KiTa. Hier wird den Kindern eine Stimme gegeben und somit ihre Sichtweise auf die Eingewöhnung verdeutlicht. Die Erwachsenen bekommen Handlungsanregungen für die Gestaltung und Begleitung des Eingewöhnungsprozesses. Sehr hilfreich und empfehlenswert für die Zusammenarbeit mit Eltern.

Für Kinder in der Eingewöhnung ist beim Krüger&Thiel Institut außerdem ein ganz reizendes kleines Bilderbuch: Mira, Tuffi und die Gefühle erhältlich. Hier begleitet der kleine Stoffelefant Tuffi die kleine Mira in ihrern ersten Kindergartentagen und beschreibt ihre Gefühle. Sehr schön, für die Gruppe oder als kleines Willkommensgeschenk für die neuen Kinder.

Meine geschätze Kollegin Gundula Göbel hat die Broschüre zu ihrem Bindungsbaumkonzept vor Kurzem überarbeitet. Besonders empfehlenswert für die umfassende Auseinandersetzung mit der Gestaltung einer bindungsorientierten Eingewöhnung ist ihre Schulungsbox: Bonding-Bindung-Bildung. Die schön gestaltete A4 Box ist gefüllt mit Bindungswissen. Auf 19 A4 Bildkarten ist jeweils ein Begriff des Bindungsbaumes beschrieben und mit jeweils drei konkreten Fragen zur Vertiefung versehen, auf der anderen Seite der Bildkarte ist ein sprechendes Foto mit passendem Zitat, um einen Impuls für einen Austausch im Team oder mit Eltern zu geben.

Und zu jeder guten Eingewöhnung gehört natürlich auch die Portfolioarbeit. In diesem Rahmen hat Sandra Warsewicz von der Werkstatt der Guten Gedanken sehr schöne Vorlagen entwickelt. s lohnt sich da mal durch ihre Seite zu stöbern.

Da sollte doch was für Jede*n dabei sein. Und selbstverständlich kannst du gerne in Kommentaren weitere Tipps geben, mit welchen Materialien du so in der Praxis arbeitest, um dich mit deinem Team vorzubereiten, Eltern mit ins Boot zu holen und Kinder z.B. durch Bilderbücher den Start zu erleichtern.

Ich wünsche einen guten Start ins Kita Jahr 23/24

Deine Anja

Kleine Zeichen, große Bedeutung – Die Signale der Kinder in der Eingewöhnung verstehen

Der Übergang von der Familie in Krippe, Kita und Kindertagespflege und das damit verbundene Ankommen in einer neue Umgebung kann für jedes Kind eine Herausforderung darstellen.

Besonders bei jüngeren Kindern, die noch nicht sprechen können, ist es von entscheidender Bedeutung, auf ihre feinen Signale zu achten, sie zu verstehen und angemessen darauf einzugehen.

Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich mit den Signalen von Kindern und warum die Wahrnehmung dieser feinen Signale so wichtig ist. Das Verstehen der einzelnen Signale kann bedeutsam dazu beitragen, dass sich die Kinder in ihrer neuen Umgebung sicher und wohl fühlen.

Kommunikation ohne Worte

Ich selbst habe einige Jahre mit Kindern von 0-3 Jahren gearbeitet und die Erfahrung gemacht, dass nur wenige, sich bereits sprachlich ausgereift mit Worten verständigen können. In den meisten Fällen teilen sie sich daher nonverbal mit Hilfe von Gestik, Mimik, Körperhaltung oder durch bestimmte Geräusche mit.

So bedeutet nicht jedes Gähnen gleich Müdigkeit oder ein Lächeln Freude und Aufgeschlossenheit. Beides kann auch Unsicherheit zum Ausdruck bringen. Ein Kind, dass die Hände ineinandergelgt hat, ruht nicht unbedingt in sich. Es kann auch darauf hinweisen, dass das Kind versucht sich selbst an die Hand zu nehmen und sich Sicherheit zu geben. Auch ein Kind, dass vor uns auf dem Boden sitzt und zu seinen Füßen greift, tut dies in neuen Situationen, um sich selbst festzuhalten. Ein Klammern und Festhalten an Gegenständen und Personen oder auch das Eindrehen der Fäuste kann auf Anspannung, Unwohlsein und Stress hinweisen.

Eine ausgesteckte Hand, deren Handfläche nach vorne zeigt und die Finger dabei gespreizt sind, will darauf aufmerksammachen, dass das Kind irritiert, unsicher und überfordert ist.

Weitere kleine Zeichen können darüberhinaus ein abgewandter Blick oder ein Wegdrehen des Körpers sein. Und nicht selten versuchen sich Kinder vom Schoß oder aus den Armen der Erwachsenen herauszuwinden, in dem sie ihren Rücken nach hinten durchbiegen und sehr zappelig sind. Damit zeigen sie, dass sie sich in der Situation nicht wohlfühlen. Das Verstecken des Gesichts hinter den Händen kann Überforderung ausdrücken.

Mehr hierzu findest du auf YouTube unter: Signale des Babys.

Indem wir auf diese oftmals sehr kleinen Signale achten, sie erkennen und darauf eingehen, ermöglichen wir den Kindern, ihre Bedürfnisse und Gefühle mitzuteilen, auch wenn sie noch nicht sprechen können.

Ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen schaffen

Die Eingewöhnung in eine neue Umgebung kann für ein Kind äußerst beängstigend sein. Indem wir uns bewusst auf die feinen Signale konzentrieren, zeigen wir den Kindern, dass wir sie verstehen wollen und für sie da sind. Dies hilft, eine Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit zu schaffen, die für eine positive Eingewöhnung von entscheidender Bedeutung ist.

Indem wir auf ihre Signale eingehen, fühlen sich die Kinder gehört und respektiert, was ihnen das nötige Selbstvertrauen gibt, um ihre neue Umgebung zu erkunden.

Individuelle Bedürfnisse erkennen

Jedes Kind ist einzigartig und hat unterschiedliche Bedürfnisse und Vorlieben. Indem wir die feinen Signale wahrnehmen, können wir besser verstehen, was jedes einzelne Kind in der Eingewöhnungsphase benötigt. Manche Kinder brauchen vielleicht mehr Zeit, um sich an eine neue Umgebung zu gewöhnen, während andere schnell offener sind. Durch das Erkennen und Verstehen dieser Signale können wir den Eingewöhnungsprozess individuell gestalten und den Kindern das geben, was sie brauchen, um sich wohl und geborgen zu fühlen.

Die Entwicklung der Sprache unterstützen

Während der Eingewöhnungsphase ist es von besonderer Bedeutung, die sprachliche Entwicklung der Kinder zu unterstützen. Auch wenn sie noch nicht sprechen können, hören und nehmen sie die Sprache um sie herum auf. Indem wir ihre feinen Signale wahrnehmen und darauf eingehen, ermöglichen wir ihnen, ein Verständnis für Kommunikation aufzubauen und sprachliche Fähigkeiten zu entwickeln. Dies legt den Grundstein für ihre zukünftige Sprachentwicklung.

Einige Einrichtungen nutzen hier zur Begleitung die Gebärdenunterstützte Kommunikation – eine Verknüpfung von Sprache mit Worten. Mehr dazu erfährst du beispielsweise in den Online-Seminaren von Bilderkraft e.V.

Fazit: Die feinen Signale von Kindern während der Eingewöhnungsphase zu erkennen, zu verstehen und darauf angemessen einzugehen, ist von enormer Bedeutung. Indem wir diese Signale beachten, schaffen wir eine Atmosphäre des Vertrauens und der Sicherheit. Das ermöglicht ein individuelles Ankommen und unterstützt die sprachliche Entwicklung der Kinder.

Es ist unsere Verantwortung, aufmerksam zu sein und diesen Kindern die bestmögliche Unterstützung zu bieten, um ihnen einen gelingenden Start in ihre neuen Umgebungen zu ermöglichen.

Die Wut-Notfallbox

In meinem vorherigen Blogartikel ging es um Kinder von krebserkrankten Eltern. Manche Kinder reagieren in solchen Situationen mit starken Wutausbrüchen und in dem Zusammenhang habe ich auf eine Methode aus meinem Buch: „Schätze finden statt Fehler suchen“ hingewiesen, die ich hier einmal etwas näher beschreiben möchte.

Diese sog. Wut-Notfallbox kann selbstverständlich auch bei Wutausbrüchen jeglicher Art im pädagogischen Alltag zum Einsatz kommen, um die Kinder darin zu unterstützen ihre Wut zu kanalisieren und ihnen nach und nach Möglichkeiten zur Selbstregulation anbieten zu können.

Dafür wird eine solche Wut-Notffall-Box gemeinsam mit dem Kind zusammengestellt.

Dort können zum Beispiel:

  • ein Kissen, in dass das Kind laut schreien oder rein boxen kann
  • Knete, die nach Lust und Laune bearbeitet werden kann
  • ein Knautschball, zum Kneten
  • ein Igelball zum Massieren
  • Papier zum Zerreißen und zerknüllen
  • Luftpolsterfolie zum Luftbläschen zerdrücken
  • eine Brötchentüte zum aufblasen und zerplatzen lassen
  • ein Foto von draußen oder einem anderen Lieblings-Ruheort, mit dem das Kind der Fachkraft oder die Fachkraft dem Kind ohne Worte signalisieren kann, dass es jetzt gerne nach draußen gehen darf und kann, wenn es das gerade braucht

fest deponiert sein.

Zunächst wird die Fachkraft dem Kind die vereinbarte Möglichkeit zur Verfügung stellen. Erfahrungsgemäß wählen und nutzen die Kinder nach und nach selbst die für sie geeignete Selbstregulationsmöglichkeit.

Was bietest du den Kindern in deinem pädagogischen Alltag an, damit sie Wege finden, ihrer Wut Raum zu geben, ohne andere oder sich selbst zu verletzen?

Welcher Schatz steckt in dir? – Philosophieren mit Kita-Kindern

„Wie kann jemand sicher sein, dass er wach ist und nicht nur davon träumen, wach zu sein?“

Philosoph René Descartes

Kinder stellen sich bereits in frühen Jahren philosophische Fragen. Sie denken über die unterschiedlichsten Dinge nach und das auf eine ihnen ganz besondere Art und Weise. Sie erkunden ihre Umgebung, möchten Zusammenhänge verstehen und stellen Fragen über Gott und die Welt. Daher suchen und fragen sie nach Erklärungen. Genau das ist Philosophieren.

In den folgenden Gastbeitrag von Dorit Chris Dietrich, möchte die Autorin, dich einladen, gemeinsam mit den Kindern über sich selbst und die Welt zu philosophieren. Viel Freude beim Lesen. Ich wünsche Dir viele Inspirationen und Anregungen.

Wenn Du selbst bereits Erfahrungen im Philosophieren mit Kindern hast, freuen wir uns über deinen Bericht in den Kommentaren.

Deine Anja

Welcher Schatz steckt in dir? – Philosophieren mit Kita-Kindern

Gastbeitrag von Dorit Chris Dietrich

Das Philosophieren mit jungen Kindern ermöglicht vielfältige Bildungs- und Entfaltungsmöglichkeiten der kindlichen Persönlichkeit. Zum Einen lässt diese pädagogische Methode ein kreatives, gedanklich konstruierendes und problemlösendes Denken zu, wobei es kein Richtig oder Falsch gibt. Zum Anderen schafft es Grundlagen für bewußtes Teilhaben an kommunikativen Austausch, ermöglicht Selbsterfahrungen zum eigenen Denken sowie Bewusstsein für das Denken anderer. Ein ebenfalls positiver Schwerpunkt besteht darin, eigene Denkweisen begründen zu lernen, Zusammenhänge zu verstehen und sich selbst als wertvollen Bestandteil einer Gruppe zu erkennen. Daraus kann sich demokratisches Bewusstsein entfalten.

Bei gezielten Fragestellungen über die eigene Persönlichkeit ist es möglich, das Kind zu stärkenden Gefühlen, zu Emotionsregulation, zu innerer Ruhe, zur Steigerung von dem Gefühl der Empathie, zu Ideenreichtum, zur Motivation neue Herausforderungen anzunehmen bis hin zur Resilienzförderung für die weiteren Lebensabschnitte zu prägen.

Ein Praxisbeispiel

Durch Fragestellungen bei einer großen Schatzsuche zum Thema „Welche Schätze stecken in dir?“, ist es möglich, dass das Kind sich selbst entdeckt, sich als wertvolle Person wahrnimmt und eigene Stärken und Schwächen benennen kann, ohne eine Wertung befürchten zu müssen. Vielmehr kann es Selbstentfaltungspotentiale erkennen und weiter auszubauen.

Mit Hilfe eines kleines ansprechend gestalteten geschlossenen Kästchen wird die Neugierde geweckt. Die Kinder werden eingeladen darüber nachzudenken, welcher Schatz sich in dem Kästchen verbergen könnte. Mal ist es ein Spiegel, mal ein Herz, mal ein Glücksklee. Alle Kinder sind gespannt , wenn sie die ungeöffneten Päckchen, Schatzkisten, Geschenke entdecken oder bekommen. Jedes Kind fokussiert seine Aufmerksamkeit auf dieses Kästchen und entwickelt spontane Neugier. So kann auch das Interesse am Philosophieren mit Kindern starten.

Dazu kannst du folgende Fragen stellen:

  • „Wer bist du?“
  • „Welcher Schatz steckt in dir?“
  • „Wer ist besonders für dich?“
  • „Welche Dinge brauchst du, um weiter wachsen zu können?“
  • „Was braucht es, damit dein Herz leuchten kann?“
  • „Was bedeutet Glück für dich? Und was ist dir besonders wichtig?“

Dazu fallen dir bestimmt ganz viele Fragen ein, die die Kinder schon in sehr jungen Jahren zum kreativen, bewussten sowie umfangreichen Denken über sich selbst bringen können.

Worauf wir bzw. die Kinder , die Aufmerksamkeit richten, das bestärken und unterstützen wir im Gespräch, dadurch wächst die Psyche sowie die individuelle Persönlichkeit.

„… das, was euch anders oder eigenartig macht, das ist eure Stärke.“

Meryl Streep

Einladung zum Philosphieren

Eigentlich benötigt es nicht viel zum Philosophieren mit jungen Kindern. Unterstützend können natürlich Bücher, Gegenstände, anschauliche Materialien (Fotos, Gemälde, Kunstobjekte…) eingesetzt werden. Mit den unterschiedlichsten Bilderbüchern wie z.B. „Astronautenkinder“, „Blumen im Kopf“, „Irgendwie anders“, „In meinem kleinen Herzen“, „Der unsichtbare Junge“, „Frederick“, „Elmar“, „Ein Schaf im Glück“ und „Das kleine Wir“ kommen Kinder beispielsweise wunderbar ins Philosophieren.

Philosophieren gelingt verbal und nonverbal, z. Bsp. durch kreative Umsetzung – Zeichnen, Malen, Formen, Konstruieren…. Manchen Kindern fällt es leichter, so ihre Gedanken darzustellen oder zu bekräftigen.

Philosophieren benötigt auch nicht einen starren Stuhlkreis, sondern kann in jeglicher Wohlfühlatmosphäre intensiv erlebt werden (Kerze, Düfte, in einer gebauten Höhle im Zimmer, in der Natur…). Begünstigend wirkt eine störungsfreie Zeit in kleiner Gruppe interessierter Kinder.

Philosophieren als Bildungsraum

Philosophieren ist ein Bildungsraum, welcher Wertschätzung, Verantwortung, Selbstwirksamkeit und eine leistungsfreie Zeit (ohne Bewertung) ermöglicht. Das gilt für Kinder, aber auch für die begleitenden Pädagog:innen. Die Kinder können, entsprechend der Haltung des Erwachsenen, dessen Ecken und Kanten seiner Individualität erkennen. Dessen Authentizität und Gleichwürdigkeit in der Gemeinschaft erfahren und erleben. Kinder benötigen Raum, Zeit und Erfahrungen, wie Erwachsene auch, um sich selbst, ihre Umwelt und ihr Wirken im gesellschaftlichen Kontext zu entdecken.

Philosphieren zur Bewältigung von Herausforderungen

Philosophieren mit jungen Kindern kann eine wichtige Quelle für einen lösungs- und ressourcenorientierten Blick bei Herausforderungen, bei der Bewältigung von Übergängen und in Krisen sein. Äußerst günstig kann sich das kreativ-konstruktive Denken auf die Resilienz und psychische Stabilität der wachsenden Persönlichkeit auswirken.

Manchmal versetzt du Berge,

manchmal nur Kieselsteine,

aber umsonst ist es nie.

Unbekannt

Wenn du Kontakt zu Dorit Chris Dietrich herstellen möchtest, dann folge ihr auf Instagram: @kinderherzen_in_balance_2 oder schreibe sie über: dcm68@icloud.com an