Vor ein paar Tagen las ich auf Facebook folgende Situationsbeschreibung: „Ich war im letzten Monat sehr stark erkrankt. Da die Symptome wie bei Covid waren, habe ich mich an meinen Hausarzt gewendet und mein Kind und ich wurden getestet. Anschließend musste ich mit meiner kompletten Familie in Qurantäne. Wir durften nicht raus und warteten auf das Ergebnis. Nach 3 Tagen war das immer noch nicht da. Mein Team wurde zunehmend hibbelig, die Ferien standen vor der Tür. Das war auch der Grund, warum mein Ergebnis so lange auf sich warten ließ. Die Labore waren hoffnungslosüberlastet, dass erfuhr ich aber erst später. Ich wartete ganze 6 Tage. Jeden Tag kam ein Anruf der Leitung, ich solle Druck machen, Labore anrufen, nachfragen… geht übrigens gar nicht, könnte ja jeder sein, der da nachfragt. Dann kam am Tag 8 das Ergebnis, was glücklicherweise negativ ausfiel. Meine Krankheitssymptome waren aber weiterhin stark vorhanden, warum ich eine weitere Woche vom Arzt krank geschrieben wurde. Als ich dann in die Arbeit nach 2 Wochen in die Arbeit zurückkam, traf ich auf eine unerwartete Ablehnung im Team. Meine Gruppenkollegin sprach kein Wort mit mir und andere Teamkolleg*innen mieden mich. Über die Leitung erfuhr ich dann, dass mir keiner glaubte, dass ich das Testergebnis nicht nach 36 Std bekommen konnte. Mir wurde unterstellt, das Ganze verzögert zu haben. Bis heute begegnet mir das Team mit Ablehnung und Ausgrenzung. Ich fühle mich nicht mehr angenommen. Für mich ist das schwer nachvollziehbar, weil wir uns vorher gut im Team verstanden und gut zusammen gearbeitet haben.“
Schwierigkeiten potenzieren sich
Ich befürchte, dass diese Schilderung in der Praxis zur Zeit kein Einzelfall ist. Durch die Herausforderungen der letzten Monate arbeiten viele Pädägogische Fachkräfte am Limit ihrer Möglichkeiten und Kräfte. Zur Zeit kommen der ganz „normale“ Fachkräftemangel, zusätzliche Ausfälle von Kolleg*innen aufgrund von Risikoerkrankungen, präventives Fehlen der Mitarbeiter*innen bei Erkältungssymptomen, höhere Arbeitsbelastung aufgrund zusätzlicher Hygienevorschriften, verändertes konzeptionelles Arbeiten etc. erschwerend zusammen.
Und noch etwas kommt erschwerend dazu: anders als sonst ist von dieser Pandemie jede*r von uns betroffen – beruflich und privat.
In einer solchen Belastungs- und Krisensituation kann es nun zu zwei völlig entgegen gesetzten Phänomenen in einem Team kommen. Entweder solidarisieren sich die einzelnen Teammitglieder stärker und rücken näher zusammen. Dann herrscht eine empathische, unterstützende und stärkende Gemeinschaft. Oder jede*r versucht ersteinmal gut für sich selbst und seine eigene Familie zu sorgen. Es stehen die eigenen Wünsche und Bedürfnisse im Vordergrund. Daraus kann sich dann ein Gegeneinander entwickeln und jedes Tun und Handeln des Anderen wird kritisch beäugt und abgeurteilt.
Hinzu kommt, dass diese Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen und Herausforderungen nun schon über Monate hinweg andauern. Durch die Länge des Ausnahmezustandes schwinden bei einzelnen von uns die Kapazitäten und Ressourcen, zusätzliche Belastungen mit zu tragen und aufzufangen.
Zurück zur Ausgangssituation
Was aber ist in dem Eingangs benannten Beispiel passiert? Eine Kollegin erkrankt an Covidähnlichen Symptomen und unterzieht sich einem Test, dessen Ergebnis auf sich warten lässt. Am Ende wird ihr unterstellt, das Ergebnis nicht beschleunigt zu haben. Bei ihrer Rückkehr wird sie ausgegrenzt und sie fühlt sich falschen Unterstellungen ausgesetzt.
Wenn ich mich in die betroffene Kollegin hineinversetze und überlege, welche Botschaften bei ihr ankommen und welche Gefühle in ihr ausgelöst werden, könnte das wie folgt aussehen:
die Anderen glauben und vertrauen mir nicht
mir wird signalisiert, dass ich kein gutes Teammitglied bin
mir wird unterstellt, dass ich mich nicht genug eingesetzt habe
ich fühle mich ungerecht behandelt
ich bin traurig und enttäuscht
ich bin verunsichert, dass die vorherige gute Zusammenarbeit nicht mehr zählt
Wenn ich mit einem Perspektivwechsel aus Sicht der Teamkolleg*innen der Kolleg*Innen, die Situation betrachte, kommen mir folgende Gedanken:
ich bin wütend, dass das solange dauert
ich möchte in Urlaub fahren, was vielleicht dann nicht mehr geht
mich überfordert die Ungewissheit
ich bin hilflos, weil ich selbst nicht aktiv werden kann
ich möchte das Ganze beschleunigen
ich brauche ein Ventil für meine Wut und Unzufriedenheit
Diese ganzen Gefühle werden nun auf die Kolleg*in übertragen, die sie in diese Situation gebracht hat. Sie ist damit Auslöser für diese ganzen Unannehmlichkeiten und gegen eine Person kann ich wirksamer agieren als gegen diese unfassbare Pandemie. Das hat sich in der oben beschriebenen Situation so potenziert, dass auch mit Rückkehr der erkrankten Kolleg*in kein aufeinander Zugehen möglich ist.
Lösungsweg aus dem Dilemma
Wie lässt sich eine solche Situation am Besten wieder auflösen? – Zunächst einmal sollte die betroffene Kolleg*in ein Gespräch mit der Leitung und der Gruppenkolleg*in suchen. Mit Hilfe der Gewaltfreien Kommunikation kann dann gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden.
Ein solches Gespräch könnte wie folgt aufgebaut werden:
1.Schritt: Wertfreie Beobachtung
Was ist tatsächlich passiert? – Beschreibe die Situation möglichst wertfrei aus Deiner Sicht.
In unserer Ausgangssituation stellt sich die Sachlage in etwa wie folgt dar: Die Kollegin lässt sich auf Covid testen und das Testergebnis kommt nach 8 Tage. Die Teamkolleg*innen warten auf das Ergebnis. Nachdem die betroffene Kollegin nach 14 Tagen wieder ins Team kommt, wird nicht mehr mit ihr gesprochen.
2. Schritt: Wahrnehmung von Gefühlen:
Welche Gefühle sind hier mit im Spiel? – Frag Dich, welche Gefühle die Situation bei dir auslöst. Das ist ein wichtiger Schritt, weil wir unsere Gefühle gerne beiseiteschieben und schnell ein Urteil zur Hand haben. Gleichzeitig kannst Dich auch Deinem Gegenüber öffnen und seine Gefühle wahrnehmen. Ein „echtes“ Gefühl erkennen Du daran, dass Du sagen kannst „Ich bin…“
Die betroffene Kollegin kann sagen: Ich bin traurig und enttäuscht, dass Ihr nicht mehr mit mir sprecht, seitdem ich wieder zurückgekommen bin. Ich verstehe, dass meine Kollegin in der Situation hilflos und wütend, weil sie sich der Situation ausgeliefert fühlte.
3. Schritt: Bedürfnisse erkennen
Was braucht die Kollegin, die nun ausgegrenzt wird? Welches Bedürfnis wurde nicht gestillt? – Hinter jedem Gefühl von uns steckt ein Bedürfnis. Wichtig für die Klärung und Lösungsfindung ist es, diese Bedürfnisse zu erkennen und zu benennen.
In unserem Fall geht es auf jeden Fall auch um das Bedürfnis der Zugehörigkeit. So sollte die betroffene Mitarbeiterin in diesem Fall formulieren: „Ich möchte wieder Dazugehören.„
4. Schritt: Bitten zur Bedürfnis-Erfüllung formulieren
Die vorangegangenen Schritte helfen Dir, zu erkennen, was Dich in den einzelnen Situationen belastet. Das hilft Dir, Dich und Dein Gegenüber besser zu verstehen. Anstatt Dich in Urteilen zu verlieren oder Dich im Stillen zu ärgern, hilft Dir die Gewaltfreie Kommunikation in die Handlung zu kommen und aktiv zu werden. Im Gespräch äußerst Du Deine Bitte.
In meinem Beispiel könnte die Kolleg*in sagen: „Ich merke, dass es mich unsicher und traurig macht, dass Du nicht mehr mit mir sprichst, seitdem das Ergebnis meines Covid Tests ohne mein Verschulden so lange hat auf sich warten lassen. Ich möchte wieder so mit Dir zusammenarbeiten wie wir das zuvor getan haben. Siehst Du eine Möglichkeit das Ganze zu vergessen und mit mir einen Neubeginn zu machen?“
Love it, change it or leave it
In manchen Fällen ist die Situation jedoch so verfahren, dass dann nur noch Supervision oder Mediation weiterhelfen können. Dann solltest Du auf jeden Fall die Leitung mit ins Boot holen. Steckst Du selbst als Leitung in einem ähnlichen Konflikt, ist es auf jeden Fall sinnvoll, Dir Unterstützung von außen zu holen, wenn sich die Situation nicht durch ein Gespräch klären lässt.
Nach dem Prinzip „change it or leave it“, solltest Du gut für Dich abwägen, was für Dich zu tun ist. Wenn etwas auch mit der entsprechenden Hilfe von außen nicht veränderbar ist, dann gilt es die entsprechende Konsequenz daraus zu ziehen.
Ich wünsche Dir und Deinem Team einen achtsamen Umgang miteinander, so dass es zu solchen Situationen und Konsequenzen gar nicht erst kommen muss.
Seit einigen Wochen befindest Du Dich mit Deinem Team mehr oder weniger wieder im Regelbetrieb und die meisten Kinder sind eingewöhnt. Langsam stellt sich so etwas wie Alltag ein.
Auch ich bin wieder vermehrt als Weiterbildnerin, Coach und Supervisorin unterwegs und begegne verschiedenen Teams vor Ort. Immer wieder merke ich, dass der zurückliegende Lockdown mit Notbetreuung und HomeOffice und die dann schrittweise erfolgte Rückkehr in den Regelbetrieb nicht ganz spurlos an manchen Teams vorüber gegangen ist.
Die zurückliegenden Zeiten, in denen
nur immer ein Teil des Teams im Wechsel die Notbetreuung übernommen hat
einige Kolleg*innen noch bis vor kurzem nicht in der Arbeit mit den Kindern eingesetzt waren, weil sie zur Risikogruppe gehörten
gruppenübergreifende Zusammenarbeit durch die strikte Gruppentrennung nicht möglich war
teilweise erhebliche Auswirkungen auf das Teamgefüge hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Pandemie die Lebenssituation jeder*s Einzelnen persönlich und beruflich auf den Kopf gestellt wurde. Jede*r im Team ist betroffen und die damit verbundenen Verunsicherungen haben komplexe Wechselwirkungen zur Folge. Gemäß der Veränderungskurve nach Kübler-Ross hat Jede*r von uns diese Veränderungen in seinem eigenen Tempo verabeitet. Wir alle hatten mit einer solchen Situation keine Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen könnten. Es mussten neue Kommunikationswege und Leitungsstrategien entwickelt werden.
Träger, Fachberatungen und Leitungskräfte haben sich in dieser Zeit als Krisenmanager*innen unter Beweis stellen und sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einlassen müssen. Obwohl in diesen Funktionen und Rollen auch alle Personen persönlich betroffen waren, waren sie als Fels in der Brandung und mit viel Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit gefordert. In dem von mir in dieser Zeit angebotenen Zoom-Autausch mit Fach- und Leitungskräften wurde oftmals deutlich, wie sehr die ganze Situation an den Kräften der Einzelnen gezehrt hat.
Was macht ein gutes Team aus ?
In der Regel zeichnet sich ein gutes Team durch
ein Wir Gefühl
gemeinsame Spielregeln
ressourcenorientierte Zusammenarbeit
klare Rollenverteilung
regelmäßige Kommunikation
gemeinsame Aufgabenbewältigung
gemeinsame Verantwortlichkeit
gemeinsame Bewältigung von Konflikten
soziale Unterstützung in Stresssituationen
aus. Das alles zusammen gibt Halt und ein Gefühl von gemeinsamer Stärke.
Unter der Pandemie ist vieles anders
Diese wesentlichen Grundlagen sind unter der Pandemie in einigen Teams auf eine harte Probe gestellt worden.
Einige Teams sind in den vergangenen Monaten trotzdem verstärkt zusammen gewachsen und zeichnen sich durch
ein ausgeprägtes Wir-Gefühl
viel Flexibilität
Kreativität im Umgang mit den Rahmenbedingungen
Lösungsorientierung
Optimismus
aus.
In anderen Teams haben die Geschehnisse der letzten Monate zur Folge, dass:
die Konzentration auf die Arbeit in den Gruppen die gruppenübergreifende Zusammenarbeit blockiert
der Verzicht auf Gesamtdienstbesprechungen die Kommunikationswege massiv verändert
fehlende konzeptionelle Absprachen dazu führen, dass in den Gruppen unterschiedlich gearbeitet wird.
Diese Teams haben sich zunehmend auseinander gelebt und drohen auseinander zu brechen.
Teamentwicklung als Schlüssel
In allen Teams sollte in den nächsten Monaten Teamentwicklung im Vordergrund stehen. Nimm Dir Zeit mit Deinem Team, damit Ihr Euch als Team mit Blick auf das Zurückliegende reflektiert, zusammen die gegenwärtige Arbeit gestaltet und gemeinsam auf Ziele und Visionen hinarbeitet. Dabei sind gemeinsam die zurückliegenden Veränderungen zu reflektieren und aufzuarbeiten. Überlege gemeinsam mit Deinem Team, was im Einzelnen neu dazugekommen ist, was Ihr von Eurer pädagogischen Arbeit bewahren konntet und wovon Ihr Euch im Moment verabschieden müsst.
Überleg gemeinsam mit Deinem Team, was Ihr in den letzten Monaten erreicht und geschafft habt:
Was ist Euch gelungen? Was habt Ihr gemeinsam gemeistert? Worauf könnt Ihr stolz sein?
Welche Kompetenzen und Ressourcen der Einzelnen haben zum Gelingen beigetragen?
Mit wieviel Flexibilität und Kreativität habt Ihr Lösungen entwickelt?
Welche Stärken habt Ihr als Team in dieser Zeit entwickelt?
Sprich mit Deinem Team möglichst offen über Bedenken, Sorgen und Ängste. Oftmals ist es hilfreich, über die eigenen Emotionen sprechen zu können. Wichtig ist, dass jede Emotion ihre Berechtigung hat. Begegnet Euch mit viel Achtsamkeit und Wertschätzung.
Konzentrier Dich mit Deinem Team auf Eure Gemeinsamkeiten und erarbeitet, was Euch in der gemeinsamen Arbeit verbindet und ausmacht. Entwickelt gemeinsame Ziele und Visionen.
Und zu guter Letzt: vergiss den Humor nicht! Gemeinsames Lachen hat eine entspannende und verbindende Wirkung. Es hilft eine notwendige Distanz zu den Geschehnissen herzustellen, um auch die nächsten Wochen und Monaten bevorstehende Herausforderungen gut zu meistern.
Hol Dir Unterstützung
Wenn Du merkst, dass Du und Dein Team Begleitung und Unterstützung in diesem Teamprozess brauchen, dann wende Dich an eine*n Coach oder Supervisor*in. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich an Träger und Fachberatungen appelieren, dies zu unterstützen, um langfristig die Gesundheit und Arbeitszufriedenheit in den Teams zu gewährleisten.
Zur Erinnerung
Denk daran: Ein gutes Team ist mehr als die Summe seiner Mitglieder. Schaut nach vorne und mach Dich gemeinsam mit Deinen Kolleg*innen auf den Weg. Gemeinsam seid Ihr stark!
Deine Anja
Fortbildungstipp: Online – Seminar für Leitungskräfte
Neues entsteht – Teamprozesse in Zeiten „nach“ Corona wahrnehmen und begleiten
Donnerstag, den 27.05.2021 von (15.30) 16.00-19.00 Uhr
Wie bereits im vorausgegangenen Beitrag näher erläutert, stecken resiliente Menschen krisenhafte Situationen, Stress und Frustration besser weg. In der aktuellen Situation sind die Kinder sehr gefordert und können Resilienz gut gebrauchen. Je nach Lebenssituation und Befindlichkeit in der Familie, wird das aktuelle Geschehen von den Kindern als sehr bedrohlich und verunsichernd erlebt. Vielen fällt es schwer zu verstehen, warum sie nun zu Hause bleiben müssen und weder Kita bzw. Kindertagespflege noch die Großeltern besuchen dürfen. Der Virus ist für sie unsichtbar und nicht greifbar. Trotzdem erleben sie die Unruhe, Verunsicherung und Angst der Erwachsenen, die sich dann unbestimmt auf sie selbst überträgt. In manchen Familien erleben die Kinder die Erkrankung oder gar den Tod nahestehender Personen. Hier wird die Bedrohung auf einmal sichtbar und kommt ganz nah.
In der Notbetreuung begegnet Ihr teilweise Kindern, die in deutlicher oder latenter Sorge um Ihre Eltern sind, die der Gefahr unmittelbar ausgesetzt sind, weil sie in den sog. systemrelevanten Berufen arbeiten. Für diese Kinder ist es wichtig, dass ihre Sorgen und Ängste ernst genommen werden. Ihr könnt mit ihnen gemeinsam überlegen, was sie und ihre Eltern im Alltag tun, um sich zu schützen.
Jede Krise geht vorbei
Zur Zeit steht zwar noch nicht fest, wann so etwas wie Alltag in Kita und Kindertagespflege wieder einkehren wird. Da wir wissen, dass jede Krise irgendwann vorbei ist, solltet Ihr Euch schon heute darauf vorbereiten.
Wenn die Kinder aus dem Lockdown und der Quarantäne wieder zurückkehren, bedarf es zunächst einmal viel Fingerspitzengefühl und Empathie, um die Kinder und auch die Eltern da abzuholen, wo sie dann stehen. Jedes Kind braucht etwas anderes, um schrittweise wieder an die Beziehung zu Euch anknüpfen zu können. Individuelle Entwicklung und Alter der Kinder spielen hier eine große Rolle.
In den ersten Wochen wird es dann um das erneute Zusammenfinden als Gruppe, die Verarbeitung der zurückliegenden Zeit und die Einführung des veränderten Infektionsschutzes gehen. Sinnvoll erscheint es mir ergänzend hierzu, die Förderung der einzelnen Resilienzfaktoren mit einzubeziehen.
Hierzu habe ich in YouTube ein anregendes Video über ein Projekt aus Rheinland-Pfalz entdeckt. Am Beispiel einer Naturkatastrophe, beschäftigen sich die Kinder mit möglichen Angehens- und Lösungsmöglichkeiten. Sie teilen Gefühle mit und üben sich in sozialen Kompetenzen. Handpuppen z.B der Güffelo und die Maus werden zu wichtigen Mittlern und Vorbildern für die Kinder. Ich kann mir gut vorstellen, wie ein ähnliches Projekt zur Verarbeitung der jetzigen Situation beitragen.
Förderung der Resilienzfaktoren
Ausgehend von den Anregungen im Video könnt Ihr als Team, ein Projekt entwickeln, das den resilienten Umgang mit der aktuellen Situation anregt. Um beispielsweise den Reisilienzfaktor „Selbstwahrnehmung“ zu fördern, könnt Ihr den Kindern Bücher, Gespräche und Spiele anbieten, mit deren Hilfe sie lernen, Ihre Gefühle zu erkennen und zu benennen.
Desweiteren ist für die Kinder wichtig, dass sie an regelmäßige Abläufe und Rituale anknüpfen können. Das gibt Ihnen Halt, Sicherheit und Orientierung.
Ihr werdet von den Kindern vielfältigen Emotionen erleben: Freude, Wut, Trauer, Aggressionen… Seid den Kindern hier ein verstehendes Gegenüber, das sie dabei unterstützt, Strategien zur Selbstregulierung zu entwickeln.
Eröffnet den Kindern viele Spielräume für Selbstwirksamkeit, damit sie das Gefühl bekommen, wieder aktiv und selbstbestimmt handeln zu können. Beteiligt sie aktiv an Entscheidungen. Die Kinder brauchen jetzt eine Umwelt, die ihnen wieder etwas zutraut und ihnen altersgerechte Herausforderungen stellt. Das einzelne Kind braucht Bestärkung, um sich seiner Stärken und Fähigkeiten bewusst zu werden. Wichtig ist auch die Unterstützung und der Beistand bei Frustration und Misserfolgen.
Resiliente Kinder verfügen über soziale Kompetenzen. Sie sind empathisch und können gut Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen. Situationen werden passend eingeschätzt und Probleme konstruktiv gelöst. Diese Fähigkeiten könnt Ihr beispielsweise durch Rollen- und Kooperationsspiele intensivieren. Lasst die Kinder im Alltag Konflikte möglichst selbständig lösen, damit sie dadurch ein wertvolles Übungsfeld im Umgang mit anderen Menschen bekommen.
Zum Aufbau von Stressbewältigungskompetenzen solltet Ihr eine Balance von An- und Entspannung anregen. Hier bieten sich Bewegungsspiele und -baustellen einerseits und Rückzugs- und Entspannungsmöglichkeiten anderseits an.
Ein weiterer Resilienzfaktor ist die Problemlösungsfähigkeit. Das Sprechen über mögliche Lösungsansätze oder der Einsatz von Bilderbüchern, in denen die Hauptfigur erfolgreich Probleme löst, sind hier sehr hilfreich.
Die pädagogischen Fachkraft als Vorbild
Bei der Resilienzförderung nehmt Ihr als pädagogische Fachkräfte immer eine zentrale Vorbildfunktion ein. Ihr lebt den Kindern im Alltag Resilienz vor, durch die Art und Weise wie Ihr selbst mit schwierigen und krisenhaften Situationen umgeht. Hier bietet sich im Vorfeld eine biografische Selbstreflexion an. Wie habt Ihr in Eurem bisherigen Leben Krisen erlebt? War es eher bedrohlich oder haben sich Chancen aufgetan? Was oder wer hat Euch dabei unterstützt, diese Herausforderungen zu bewältigen? Wie habt Ihr selbst die letzten Wochen erlebt? Auf welche Ressourcen und Kompetenzen konntet Ihr zurück greifen?
Ich lade Euch am kommenden Donnerstag zu einem Fachkräfteaustausch „Stark durch die Krise“ über Zoom ein. (Nähere Infos und Anmeldung s. unten)
Vision einer resilienzfördernden Pädagogik
Nun wollen wir gemeinsam den Blick nach vorne richten. Wir können dieses „danach“ schon heute aktiv gestalten. Entwickelt eine gemeinsame Vision als Team und stärkt die Kinder für deren weiteres Leben. Aus den vorher benannten Bausteinen lässt sich eine resilienzfördernde Pädagogik für die Zeit nach Kontaktverbot und Lockdown entwickeln. Lasst Eurer Fantasie und Kreativität freien Lauf.
Ich bin schon sehr gespannt auf Eure Ideen und Umsetzungen.
Eure Anja
Buchtipps:
Ronnau-Böse/ Fröhlich-Gildhof: Resilienz im KiTa-Alltag, Herder Verlag
Resilienz bei Kindern, Eltern und Pädagogischen Fachkräften
In meiner Arbeit als Coach und Supervisorin begleite ich seit vielen Jahren krisenhafte Situationen und Prozesse von Teams und Einzelpersonen. Dabei konnte ich beobachten, wie unterschiedlich jeder Mensch mit schwierigen Situationen umgeht. Die einen erleben eine Krise eher als Bedrohung und werden handlungsunfähig, andere sehen die Chance in der Krise und versuchen aktiv, etwas zu verändern.
Die Krise und ihre beiden Gesichter
Offensichtlich stecken in einer Krise zwei Seiten. Das haben bereits die alten Chinesen so empfunden. Das chinesische Schriftzeichen für Krise setzt sich aus zwei Zeichen zusammen: das eine steht für Gefahr und das andere für Chance.
Vermutlich kennt Ihr diese beiden Seiten von Euch selbst. Interessant hierbei ist, was bei Euch in schwierigen Situationen und Herausforderungen zunächst überwiegt und Euch bei der Bewältigung dann eher hemmt oder unterstützt. In der Arbeit mit Kindern könnt Ihr diese Unterschiede auch beobachten. Da gibt es immerwieder Kinder, die sich trotz schlechter Lebensbedingungen wie z.B. Armut, Arbeitslosigkeit, Vernachlässigung, Gewalterfahrungen etc. überraschend positiv und kompetent entwickeln. Hier stellt sich oft die Frage, was diesen Kindern die Kraft gibt, solch schwierige Bedingungen und Situationen nicht nur zu überstehen, sondern gestärkt daraus hervor zu gehen.
Das Immunsystem der Psyche
Die Antwort auf diese Frage ist das Vorhandensein von „Resilienz“, was die Kompetenz beinhaltet, mit viel psychischer Stärke und seelischer Widerstandskraft schwierige Lebenskrisen und Schicksalsschläge zu überstehen. Resilienz wird auch als das „Immunsystem der Psyche“ bezeichnet.
Die Resilienzforschung hat hierzu herausgefunden, dass Resilienz:
nicht angeboren, sondern erlernbar ist
je nach Situation unterschiedlich ausgeprägt ist
abhängig von der jeweiligen Person und ihrer aktuellen Lebensumwelt ist.
Der Grundstein für Resilienz wird bereits im ersten Lebensjahren gelegt. Hier spielen familiäre Ressourcen wie z.B. eine stabile Bindung zu mindestens einer Bezugsperson, ein emotional warmes aber auch klar strukturiertes Erziehungsverhalten der Eltern und positive Beziehungen zu Geschwistern eine wichtige Rolle. Hinzu kommen soziale Ressourcen wie z.B. soziale und emotionale Unterstützung aus dem Lebensumfeld des Kindes und die Qualität der Bildungsinstitutionen, die ein Kind besucht.
Auf dieser Basis entwickeln sich wichtige Eigenschaften eines Kindes, die Fröhlich-Gildhof als sog. Resilienzfaktoren wie folgt zusammenfasst:
positive Selbstwahrnehmung
Überzeugung von der eigenen Selbstwirksamkeit
Vorhandensein sozialer Kompetenzen
angemessener Umgang mit Stress
Problemlösungsfähigkeit
Diese Faktoren tragen dazu bei, dass ein resilienter Mensch Stress, Probleme und Krisen vielmehr als Herausforderung und Chance annimmt. Er*Sie fühlt sich weniger seinem*ihrem Schicksal ausgeliefert und kann eher auf aktiv-problemorientierte Bewältigungsstrategien zurückgreifen.
Und so gehts weiter
Diese Woche beschäftige ich mich, wie hier bereits vorbereitet, mit dem Thema Resilienz. Es geht zum einen um die psychische Widerstandskraft der Kinder, aber auch um die Frage nach Eurer eigenen Widerstandskraft im Umgang mit Krisen und schwierigen Situationen. Auf welche Ressourcen und Kompetenzen könnt Ihr zurück greifen? Wo findet Ihr die Unterstützung, die Ihr in solchen Situationen braucht? Was macht Euch stark?
Ich möchte Euch daher in den nächsten Tagen unterschiedliche Erklärungsmodelle zur Selbstreflexion anbieten und darstellen, wie Ihr Resilienz bei den Kindern fördern könnt.
Ich wünsche Euch einen guten Start in diese Woche voller Chancen und Herausforderungen
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